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als umfassender Beleg für den einleitend genannten Befund angeführt. Wenn
Lehrperson A13_m betont, dass sie sich „bewusst fachfremde Maturen ange-
hört“ hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es dort „dasselbe“ sei, wird
wieder deutlich, dass sich die Vorbehalte nicht auf das historische Denken be-
ziehen, sondern von allgemeinen Diskursen um Kompetenzen gespeist sind:
I-A13_m: Ich muss erst etwas wissen. Denn nur, wenn ich etwas weiß, kann
ich etwas kritisch hinterfragen. Ohne etwas zu wissen/Ich kann in der Che-
mie überhaupt nichts kritisch hinterfragen, weil ich keine Ahnung von
Chemie habe. Das heißt, ich brauche den Grundstock/Natürlich die Kom-
petenzen: Wie sehe ich mir eine Karte an? Was mache ich mit einem Bild?
Und so weiter und fort. Das macht man im Laufe der Zeit klarerweise. Aber
so wie das in der Matura – vielleicht habe es nur ich schlecht verstanden, das mag
natürlich genauso gut sein – bei der Matura gefordert wird, ist das für mich hei-
ße Luft. Ich habe mir auch bewusst fachfremde Maturen angehört, und ich hat-
te den Eindruck, das ist dasselbe. Das ist dann so: Er gibt ein bisschen Fakten,
und dann ist der Rest/dann erzählt er, nicht? Da kann er dann je nachdem, sind
sie sprachlich gut drauf, schneiden sie besser ab. Sind sie mundfaul oder nicht so gut
drauf, ist es ein bisschen schwächer. Ich habe das ganze System/Das große Gan-
ze habe ich nicht verstanden.
I: Insgesamt, was die Kompetenzen/
B: Ja.
I-A13_m: I: Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie das Wort „Kompe-
tenzorientierung“ hören?
B: Die neue Matura. Früher hat ein Kandidat zehn Minuten zu zwei Fra-
gen – eine hat er ausgewählt aus den zwei Kernstofffragen und ein Spezial-
gebiet, das er ja vorbereitet hat – zehn, 15 Minuten fachlich reproduziert,
eingeordnet, aber auch Querverbindungen, Überblicke geschaffen. Heute
macht er das maximal fünf Minuten und die anderen zehn Minuten ist heiße
Luft. So: „Na, und das ist jetzt das Bild, und was kannst du dir darunter vor-
stellen?“ Das ist doch alles Schwachsinn.
I-A20_f: Also prinzipiell glaube ich, natürlich ist es wichtig, Kompetenzen
zu erwerben, keine Frage. Genauso gut glaube ich, dass es aber wichtig ist,
um über ein Thema kompetent zu sprechen zu können, brauche ich das Wis-
sen, das habe ich vorhin schon gesagt. Also ohne Wissen, ich kann nicht/ich habe
dann leider bei der Matura, da hast du dann die Blender, die daherkommen, die
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Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277