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Humanismus und Renaissance aus epigraphischer Sicht | 43
Angelo Silvagni widerlegt worden.118 Dennoch können wir heute festhalten, dass
Cola di Rienzo durch seine große Liebe zu den römerzeitlichen Inschriften und die
intensive Beschäftigung mit ihnen und ihrem Umfeld einen starken Eindruck auf
viele Humanisten hinterlassen und zu antiquarisch-epigraphischen Studien angeregt
hat.
Für die Jahrzehnte nach Rienzos gewaltsamen Tod (1354) mehren sich allmählich die
Nachrichten über Humanisten, deren Interesse den epigraphischen Denkmälern
Roms galt. Meist handelte es sich bei diesen um Nicht-Römer, die einen oder meh-
rere Aufenthalte in der ewigen Stadt zu historisch-epigraphischen Studien nutzten.
Dabei wurde den inschriftlichen Denkmälern nicht alleinige Aufmerksamkeit zuteil,
vielmehr wurden sie als schmückendes Beiwerk angesehen, das den einzelnen (ar-
chäologischen) Beschreibungen der Stadt Rom an- oder eingefügt wurde. Im Jahre
1375 stellt beispielsweise der Arzt und Astronom Giovanni Dondi119 die Abschriften
einiger christlicher und heidnischer Inschriften neben (ungenaue) Messungen von
Petersdom, Pantheon, Kolosseum und Trajanssäule. Aus dem heute noch erhaltenen
Codex wissen wir, dass Dondi – ganz anders als noch sein Freund Petrarca – sich
bereits sogar bemühte, die Inschriften möglichst getreu wiederzugeben und dabei
die Buchstaben der Steindenkmäler nachzuahmen.120
Für den Fall, dass die Datierung in das Jahr 1409 zu halten ist121, liegt mit der bereits
erwähnten Sylloge Signoriliana die älteste derzeit bekannte Inschriftensammlung
aus dem Humanismus vor.122 Davon sind heute drei Fassungen bekannt, die wieder-
118 Siehe Giovanni Battista De Rossi, Sull'archeologia nel secolo decimo quarto, in: Bullettino dell’istituto
di corrispondenza archeologica 1871, 11–17, und ders., ICUR II 1, 316–320, bzw. Angelo Silvagni,
Se la Silloge Epigraphica Signoriliana possa attribuirsi a Cola di Rienzo, in: Archivum latinitatis medii
aevi 1 (1924/25) 175–183. Zur Sylloge Signoriliana siehe weiter unten.
119 Geb. 1318 in Chioggia, gest. 1389 in Padua; er wurde nach seiner Erfindung einer astronomischen
Räderuhr „Dall’Orologio“ genannt.
120 Codex (Latinus) XIV, 223 (=4340), Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig, fol. 45r–46v. Vgl. Weiss,
Discovery of Antiquity 49–53, sowie Martin Ott, Gelehrte Topographie im Geist des Altertums: Antike
Inschriften und die Erfassung des Raumes in der Zeit der Renaissance, in: Johannes Helmrath, Albert
Schirrmeister, Stefan Schlelein (Hrsg.), Medien und Sprachen humanistischer Geschichtsschreibung
(Transformationen der Antike 11), Berlin 2009, 139–166.
Als „renascentium antiquitatis studiorum testimonium satis vetustum“ wurden Dondis Abschriften
auch als eigene Sammlung in das CIL VI, S. XXVII–XVIII, aufgenommen, obwohl es sich dabei um
durchwegs bekannte Inschriften wie etwa jene auf dem römischen Titusbogen oder der Trajans-
säule handelt (welche Dondi trotz seiner Transkription als „columna quae dicitur Adriana“ be-
zeichnet).
121 Siehe Calabi Limentani, Epigraphia Latina 42, und Weiss, Discovery of Antiquity 146; etwas skeptisch
Ott, Entdeckung des Altertums 152, für den die Jahresangabe nur einen terminus post quem darstellt.
Die 82 bzw. 86 Steine umfassende Sylloge Signoriliana wurde publiziert im CIL VI, S. XV–XXVII.
Mitunter wird die Zahl der überlieferten Inschriften mit 83 angegeben. Diese Zählung rührt offen-
sichtlich von den im CIL als Appendix angeführten vier Bruchstücken her, die nur in der ältesten
Version der Sylloge, der sog. Farrago Barberiniana, enthalten sind.
122 Von Poggios epigraphischer Tätigkeit unmittelbar nach seiner erstmaligen Ankunft in Rom 1403
scheint es keine schriftlichen Früchte zu geben. Es ist allerdings auch möglich, dass diese in seiner
knapp vor 1430 fertiggestellten Sammlung aufgegangen sind. Zu Poggio siehe im Folgenden.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548