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132 | Augustinus Prygl Tyfernus
Fakten machen das Urteil von Theodor Mommsen verständlich, wonach viele von
Tyfernus’ Abschriften ebenso zuverlässig seien wie erhaltene Inschriften.557
Genau darin liegt der besondere Wert der epigraphischen Tätigkeit des Augustinus
Tyfernus: Mehr als zwei Drittel der von ihm überlieferten norischen und oberpanno-
nischen Inschriften sind heute sicher bzw. vermutlich verschollen oder aber schwer
beschädigt. Hier können seine Abschriften als vollständiger oder teilweiser Ersatz
herangezogen werden. Besonders groß ist der Nutzen der Augustiniana für die groß-
teils verschollenen Inschriften aus Igg (h. Ig). Ähnliches gilt für die Inschrift
CIL III 3790 aus derselben Gegend. Bei diesem Stein wurde der rechte Teil des Text-
feldes abgemeißelt, doch anhand von Tyfernus’ Abschrift (CVP 3528, fol. 70v) ist er
problemlos rekonstruierbar – mit Ausnahme der linken unteren Ecke, die offensicht-
lich bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts abgebrochen war.
Für den überwiegenden Teil der in den drei Wiener Codices enthaltenen norischen
Inschriften ist Augustinus Tyfernus der älteste Gewährsmann. In den übrigen Fällen
bildet er gemeinsam mit wenigen anderen Sammlungen – vor allem jener des soge-
nannten Antiquus Austriacus – sozusagen die Spitze der humanistischen Inschriften-
überlieferung. Für ein norisches Denkmal aus Schleinitz (h. Slivnica) in der Nähe von
Marburg (h. Maribor) (CIL III 5309) blieb er sogar der einzige Gewährsmann.558
Angesichts der hohen Qualität dieser Sylloge ist es umso bedauerlicher, dass wir von
ihr nicht das Original besitzen und die beiden Abschriften zudem nicht ganz voll-
ständig sind. Letzteres ist nicht nur durch einen Vergleich der drei relevanten Codi-
ces erkennbar, wie er oben anhand der Konkordanztabelle (in Kap. 4.2) durchgeführt
wurde, sondern auch durch eine Untersuchung jener Werke, für welche die Samm-
lung von Augustinus Tyfernus als Quelle in Frage kommt.
Tyfernus’ Abschriften sind zunächst mit vier weiteren Arbeiten aus der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts in Verbindung zu bringen. Für die jüngste von ihnen, die
Commentarii rei publicae Romanae von Wolfgang Lazius559 wurde der CVP 3528 heran-
gezogen. Allerdings stand diese Handschrift bereits damals nur in jener unvoll-
ständigen Fassung, wie wir sie heute kennen, zur Verfügung. Zudem hat Lazius den
vorhandenen Teil der Sammlung nur auszugsweise kopiert, weshalb seine Abschrif-
ten von Mommsen als nutzlos verworfen wurden.560
Im Fall von Johannes Turmair (Aventinus) kann man nicht wirklich von einer Benut-
zung der augustinischen Sammlung sprechen. Sein Hauptforschungsgebiet waren
Bayern und der Salzburger Raum, während sich aus dem übrigen Noricum bei ihm
557 Vgl. CIL III, S. 479b.
558 Die betreffende Abschrift blieb dafür in doppelter Ausführung erhalten: CVP 3528, fol. 65v =
CVP 3540, fol. 14v.
559 Der vollständige Titel dieses 1551 in Basel gedruckten Werkes lautet „Commentariorum reipublicae
Romanae illius in exteris provinciis bello acquisitis constitutae libri duodecim“.
560 Vgl. CIL III, S. 479 und 488.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548