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186 | Codex Pragensis XIII G 14
hervorgeht – um eine Fälschung, vermutlich aus der frühen Neuzeit, handelt.779
Leider ist das kleine Täfelchen derzeit abermals verschollen. Daher lässt sich aktuell
nicht definitiv feststellen, ob dessen Anfertigung der Fundnachricht zeitlich voraus-
geht und die nette, erstmals im CP XIII G 14 überlieferte Geschichte passend zum
Objekt konstruiert oder ob das Täfelchen erst später auf Basis dieser (erfundenen)
Nachricht angefertigt worden ist.
Sicher ist jedenfalls, dass Fuchsmagens Text im CP XIII G 14 aufgrund von fünf Ab-
weichungen weder auf das gefälschte Bronzetäfelchen zurückgehen noch die Vor-
lage dafür gewesen sein kann. Dasselbe gilt für die Wiedergabe bei Apianus/
Amantius, wo die Inschrift mit ihrer Fundangabe in auffällig identer Form wie in der
Prager Handschrift aufscheint780, sowie für Peutingers Manuskript, das an der
relevanten Stelle ebenfalls große Parallelen aufweist, aber doch in drei Punkten vom
Codex Pragensis und in zwei vom Täfelchen abweicht.781
Möglicherweise ist Johannes Fuchsmagen, aus dessen Feder die Nachricht im
CP XIII G 14 stammt, hier auch nur einem für die damalige Zeit keineswegs unübli-
chen Scherz von Bekannten aufgesessen, denn sowohl der angebliche Finder
Heinrich Schruttauer als auch der erwähnte Hausbesitzer Johannes (Hanns) Gennter
waren real existierende Persönlichkeiten.782 Für diese These sprechen mehrere Fakto-
ren: Zunächst der Umstand, dass sich Fuchsmagen auch einer von Bonfini erfunde-
nen Inschrift in zwei Randbemerkungen im CVP 3334 wie einem echten römer-
zeitlichen Stein gewidmet hatte.783 Zudem ist festzuhalten, dass sein Haus in der
Wiener Seilergasse, das er im selben Jahr (!) bezogen hatte, unweit des angeblichen
Fundortes in der Wipplingerstraße lag. Die Formulierung, dass ein Traum den Weg
zu dem epigraphischen „Schatz“ gewiesen hatte, erhöht auch nicht unbedingt die
Glaubwürdigkeit dieser Fundnachricht. Darüber hinaus wird in unmittelbarem
Anschluss an CIL III 4560 (wie auch bei Peutinger und Apianus/Amantius) unter der
Ortsangabe „Aliud“ mit CIL III 4561 eine ebenfalls „I O M SARAPIDI“ gewidmete
Inschrift überliefert, deren übriger Text lediglich die sehr auffällige Nennung ihres
Stifters enthält: „IDEM MAXIMVS“. Aus der gesamten Antike ist keine Inschrift be-
kannt, in der sich ein Stifter in dieser unklaren Form bezeichnet hat. All die genann-
ten Faktoren stützen somit sehr die Annahme, dass es sich bei keiner der beiden
Inschriften um einen echten römerzeitlichen Fund handelt, sondern um Erfindungen,
779 Ekkehard Weber hat mir dazu freundlicherweise sein am XII. Internationalen Kongress für Grie-
chische und Lateinische Epigraphik in Barcelona (September 2002) präsentiertes Poster überlassen.
780 Siehe dazu Kap. 10.5.2.
781 Vgl. Kap. 8.1.
782 Beide Namen sind in Urkunden des Wiener Stadt- und Landesarchivs belegt: Gennter für die
Jahre 1495 und 1502, Schruttauer mehrfach zwischen 1481 und 1502, auch mit dem Zusatz „Burger
zu Wienn“. Faksimile-Ausgaben dieser Urkunden und die entsprechenden Regesten sind online
im Internet (URL) in der Archiv-Datenbank „MOM-CA“ verfügbar:
http://www.mom-ca.uni-koeln.de/mom/search?q=gennter&sort=date&arch=AT-WStLA&col bzw.
http://www.mom-ca.uni-koeln.de/mom/search?q=schruttauer&sort=date&arch=AT-WStLA&col=
[abgerufen am 31.08.2015].
783 Siehe Kap. 3.1.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548