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192 | Codex Pragensis XIII G 14
unteren Seitenrand ergänzen. Der Text der Inschrift inklusive seiner besonderen
Orthographie („Michi“ für „Mihi“) ist in beiden Handschriften ident.
Im Prager Codex folgt die merkwürdige Abbildung eines Kamels mit der integrier-
ten Inschrift „SALIVS AVGVSTVS FELIX LEONIDES“. Überschrieben ist die Zeich-
nung mit der Angabe „In Domo D. Ioannis Zampolini iuxta plateam Iudaeorum est Imago
Cameli hanc habens Inscriptionem“.811 Der CT 3569 weist zwar keine bildhafte Darstel-
lung auf, wohl aber ähnlich lautende Ortsangaben zu zwei verschiedenen Inschrif-
ten: „Romae in domo domini Joannis Zampolini civis iuxta plateam Iudeorum“ zu CIL VI
12307, darunter „Idem dominus Ioannes habet plurimos lapides pretiosos inscriptos [...],
inter quos habet camellum unum ita inscriptum: Salius Augustus felix Leonides“.812 Der
Hinweis auf ein Kamel mit Inschrift findet sich also bereits in Fuchsmagens Trienter
Handschrift – und in beiden Manuskripten liegt ihm ein Irrtum zugrunde: In
Giocondos autographem Codex Veronensis 270, der nach Mommsen mit dem CT 3569
auf einen gemeinsamen Archetyp (eine Version der Licinius-Sammlung) zurück
geht813, lautet der Text nämlich folgendermaßen: „[...] inter quos habet cameum unum
ita inscriptum Salvis Augustis Felix Leonidas“.814 Ursache für den erheiternden Fehler,
der im CT 3569 und im CP XIII G 14 zu finden ist, waren wohl schlecht lesbare
Minuskeln in der (gemeinsamen?) Vorlage. Im CIL wird der relevante Inschrifttext
lediglich unter den gefälschten Zeichnungen im Kreuzgang von S. Giustina in Padua
mit deutlich jüngeren Belegstellen bei Marquard Gude und Gruter geführt.815 Indes
wurde eine real existierende Inschrift von jemandem (Licinius? Giocondo?) korrekt –
in Minuskeln – kopiert, dann allerdings fehlerhaft abgeschrieben (CT 3569) und
sogar illustriert (CP XIII G 14).816
d) Auch bei den Ergänzungen und Korrekturen zu einzelnen Ortsangaben im
CT 3569 ist grundsätzlich eine sehr große Nähe zwischen den beiden Handschriften
festzustellen. Zum Beispiel lautet die Ortsangabe der bekannten metrischen Grab-
inschrift für Claudia (CIL VI 15346 = ILS 8403) im Prager Codex „Vetustissimum
Epigramma transtyberim in Capite Pontis Judeorum“. Im CT 3569 ist der Text über-
schrieben mit „Transtiberim in Capite pontis Judeorum“, ergänzt um den Zusatz
Fuchsmagens „est vetustissimum“. Die antikisierende Schreibweise „deico“ ist in bei-
den Handschriften am Rand hervorgehoben.817
All die bisher festgestellten Parallelen würden bei isolierter Betrachtung den Schluss
implizieren, dass der CP XIII G 14 direkt auf den CT 3569 zurückgehen könnte.
Jedoch sind auch markante Unterschiede feststellbar:
811 CP XIII G 14, fol. 99v.
812 CT 3569, fol. 51r/S. 112.
813 Siehe dazu Kap. 3.3 und 6.1.
814 CV 270, fol. 25r.
815 CIL V 223*.
816 Billanovich, Miniera di Epigrafi 247–249, weist darauf hin, dass das Werk von Apianus/Amantius
eine Illustration des Kamels enthält und bringt diese mit dem CT 3569 in Verbindung. Siehe dazu
Kap. 10.5.2.
817 CP XIII G 14, fol. 30v–31r bzw. CT 3569, fol. 39r/S. 88.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548