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360 | Johannes Fuchsmagen
und des gelehrten Austausches war, wurde bereits hingewiesen.1631 Auch in Linz
stand er während seiner abschnittweise längeren Aufenthalte mit vielen hochge-
bildeten Zeitgenossen in Verbindung.1632 So konnte er sich bei seiner Sammeltätigkeit
wie kein zweiter in unserem Raum auf zahlreiche Kontakte zu Gleichgesinnten
stützen – und somit auch auf ihre Informationen und Zuschriften. Gerade dadurch
aber kann für die überwiegende Zahl der „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ – ebenso
wie für jene, die nun erstmals in der Prager Handschrift auftauchen – (noch?) nicht
rekonstruiert werden, von wem konkret die jeweils älteste Abschrift stammt, und es
ist folglich von einer Art gemeinschaftlicher Sammeltätigkeit der „humanistisch aus-
gerichteten Bildungselite“1633 auszugehen.
Das bedeutende Verdienst Fuchsmagens liegt jedenfalls darin, dass er vorwiegend
aus ehemals norischem Raum, aber auch aus pannonischem und rätischem Gebiet
neben Eigenem Vieles zusammengetragen hat, das bereits in Form älterer Abschrif-
ten vorhanden oder von verschiedenen Zeitgenossen gesammelt bzw. mitgeteilt
worden war. Durch die Bündelung all dieser frühen Abschriften ist Johannes Fuchs-
magen zum ersten „echten“, weil systematischen Sammler auf heute österreichi-
schem Boden geworden und kann daher in diesem Sinne als „Antiquus Austriacus“
angesehen werden. Diese Bezeichnung ist aber nunmehr auch als Sammelbezeich-
nung für all jene auctores zu verstehen, die im gegenständlichen Gebiet den Text
einer römerzeitlichen Inschrift erstmals vom Original abgeschrieben haben, jedoch
(noch) nicht explizit namhaft gemacht werden können. In diesem Sinne ist es
treffender, von einem „Antiquus-Austriacus-Kollektiv“ unter der Ägide von Johannes
Fuchsmagen zu sprechen.
Da der Codex Pragensis XIII G 14 jedenfalls für die norischen und oberpannonischen
Inschriften als Produkt dieses „antiquarisch-epigraphischen Humanistenkollektivs“
anzusehen ist, liegt eine höchst interessante Entsprechung zu einer anderen Fuchs-
magen-Sammlung vor – zum Innsbrucker Cod. 664 („Codex Fuchsmagen“). Dieser
stellt gleichermaßen eine gemeinschaftliche Arbeit dar, und zwar in Form von
Fuchsmagen gewidmeten Gedichten.1634
Es wäre nun aber falsch anzunehmen, dass sich die kollektive Sammeltätigkeit in
diesem humanistischen Netzwerk nur über einige wenige Jahre erstreckt und
Fuchsmagen stets als Knotenpunkt für alle Fäden der Übermittlung bzw. Überliefe-
rung fungiert hätte. Aus diesem Grund wäre wieder der Begriff „Fuchsmagen-
1631 Siehe Kap. 7.4 und 7.5.
1632 Vgl. Wacha, Linz unter Maximilian I. 328.
1633 Niederstätter, Jahrhundert der Mitte 389.
1634 Vgl. Kap. 3.4. Als weiteres Pendant kann eine andere poetische Kollektivarbeit genannt werden,
nämlich die oben genannten, von mehreren Autoren verfassten Gedichte zum Geburtstag von
Blasius Hölzel 1501 in Linz. Ein Beitrag Fuchsmagens ist in der erst viele Jahre später – am Augs-
burger Reichstag 1518 – von Pietro Bonomo mit einigen Ergänzungen als Complurium eruditorum
vatum carmina herausgegeben Sammlung nicht enthalten. Vgl. dazu im Überblick Elisabeth
Klecker, Bonomus (Bonomo) Petrus (Pietro), in: Verfasserlexikon-Humanismus I 1 (2005), 225–230,
hier: 227.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548