Seite - 258 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

258 September 1872 170 175 Offenbach beherrscht mit Ausnahme der großen Bühnen diesseits des Rheins so ziemlich alle Theater. Hüte er sich, daß sie durch ihn nicht zu Augias- – – Tempeln werden, bei denen man sich nach einem reinigenden Hercules umsieht. In Paris hat es weniger zu sagen. Dort sind die „Bouffes“ ein vereinzeltes Theaterchen und wie wir allenfalls in einer Bibliothek, in deren Schränken die Werke aller sieben Weisen stehen, nach irgendeinem auf dem Tische unter anderen Journalen liegen- den Witz- und Caricaturblatt greifen, einen Moment lang uns an seinen Possen ergötzen und es wieder hinwerfen, so wollen wir gerne in den Bouffes gelegentlich einen Abend über Orphée oder die grande-duchesse lachen. Wo aber diese Quisqui- lien zum täglichen Brot, ja uns beinahe als ausschließende Nahrung geboten wer- den, da wird es Zeit darauf nachdrücklich hinzuweisen, daß ein Theater seinem Beruf und Zwecke nach eine Kunstanstalt und keine bloße Singspielhalle, kein dramatisch umgeformtes café chantant ist und daß die Musen dagegen protestiren, Demimonde-Damen vorstellen zu sollen. A. W. Ambros. Rezensierte Veranstaltung Offenbach, Der schwarze Korsar, 21. September 1872, Theater an der Wien Erläuterungen 7–9 Angekündigt … in der vorigen Saison;] Die Uraufführung war ursprünglich für den 4.  Mai 1872 geplant. Wegen Erkrankung des Komponisten konnte die Operette jedoch nicht rechtzeitig einstudiert werden. Da in der zweiten Maihälfte etliche Bühnenkräfte bereits im Urlaub waren, wurde entschieden, die Uraufführung auf die Wintersaison zu verschieben. Vgl. „Tages-Nach- richten“, in: Das Vaterland (1872), Nr.  127, 10.  Mai. ◼ 13f. Prophetensonne] szenischer Effekt des Sonnenaufgangs (ursprünglich im Finale des III.  Akts von Meyerbeers Le Prophète). ◼ 14 aus den Soffiten] → Nr.  48/Erl. zur Z. 21. ◼ 42 Fähnrich Rummelpuff] Fähnrich Rummelpuff oder Das Konzert in Krähwinkel / Die falsche Catalani / Die falsche Prima Donna von Krähwinkel – Oper von Ignaz Schuster (1779–1835) auf das Libretto von Adolf Bäuerle; aufgeführt 1818 im Theater in der Leopoldstadt. ◼ 59–62 „Triumph römischer Tugend … erklären wird.“] Titel einer Hanswurstkomödie von Joseph Anton Stranitzky (1676–1726). ◼ 63 Neuber] Friederike Caroline Neuber (1697–1760), dt. Schauspielerin und Theaterprinzipalin. ◼ 85–87 quum stetit … imitata veneno.“] Horaz, Epistulae 2,2,205–207. ◼ 108f. was wir … niederschrieben] → Nr.  63. ◼ 114 Schreiber] Alfred Schreiber (1838–1910), Schauspieler, Tenor und Theaterdirektor; 1871 am Wr. Strampfer-Theater; 1872–1875 am Theater an der Wien, ab 1875 Theaterdirektor in Baden bei Wien. ◼ 130 von Mozart existirt ein ähnlicher Scherz] Ein musikalischer Spaß KV  522. ◼ 134 „Zampa“] Oper von Ferdinand Hérold. ◼ 134 „le voici“] Quartett „Le voilà que mon âme“ („Da ist er, o wie bebet meine Seele“). ◼ 162 ein neues Werk] Die nächste Offen- bach-Premiere (Schönröschen) am Carltheater fand erst im November 1874 statt, da die Direktion ihre Aufmerksamkeit zunehmend den Werken von Charles Lecocq widmete. ◼ 163 Jauner] Franz Jauner (1831–1900), Schauspieler und Theaterdirektor; 1858–1871 am Hoftheater in Dresden; 1872–1878 Direktor des Wr. Carltheaters, 1875–1880 Direktor der Wr. Hofoper (zu- nächst nur provisorisch), 1880 bis zur Brandkatastrophe 1881 Direktor des Ringtheaters (vormals Komische Oper). ◼ 174f. Quisquilien] Belanglosigkeiten.