Seite - 367 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

367 Jänner 1873 155 160 165 empfundenen heidnischen Culte hat sich unausweichlich etwas geradezu Dämoni- sches einzuschmuggeln gewußt. Leute, die stets von dem „heiteren, poetischen Gottesdienst der Griechen“ schwärmen, mögen die Sache, statt solcher leeren Phrasen, gründlich kennen lernen und das Capitel des Dyonisos- und des Kybelen- Cultes ansehen, oder im hiesigen Antikencabinet die berühmte altrömische Bron- zetafel des Bacchanalienverbotes und zur Erklärung den Livius, Buch 39, Capitel 8 bis 18 lesen. Diese allgemeine Andeutung genüge hier. An Mendelssohns herrlicher Tondichtung ist es endlich sicher einer der schönsten und glücklichsten Züge, daß der Wolfsschluchtlärm sie nicht endet, sondern die Dissonanzen sich in den Schlußgesängen in den Wohllaut reinster religiöser Empfindung lösen. Und so war Goethe, wie er bei einer anderen Gelegenheit von sich selber sagt, abermals wie Bileam der Prophet, der hinausging zu fluchen und statt dessen segnete. Die Aufführung der „Walpurgisnacht“ war trefflich; vorher aber ereignete sich zwei Mal eine – Entgleisung. Solche Unglücksfälle sind anderwärts auch passirt, wir wünschen aber, daß wir sie nicht so bald wieder zu beklagen haben möchten. Alle Ehre dem Publicum, daß es den Unfall einfach als Unfall und nicht höher nahm, als geschah. Rezensierte Veranstaltung Zweites Gesellschaftskonzert der GdM, 5. Jänner 1873, MVgr. Rezensierte Werke Ferdinand Hiller: Ouvertüre d-Moll op. 32 ◼ Mendelssohn: Die erste Walpurgisnacht op.  60 ◼ Schumann: Des Sängers Fluch op.  139 Erläuterungen 21 vis inertiæ] lat. „Beharrungsvermögen“. ◼ 28–30 Schumann … schrieb.] Ambros’ Anmer- kung ist unklar, zumal Schumanns Rezensionen über Hillers Oratorium positiv ausfielen (vgl.  Schumann, Gesammelte Schriften, Bd.  1, S.  469f.; Bd.  2, S.  5ff., 29). Möglicherweise ver- wechselte Ambros hier Schumanns Oratorien-Rezensionen mit dessen Kritik von Hillers Etü- den (ebd., Bd.  1, S.  42–52). Zur Rezension von Mendelssohns Musik zu Ein Sommernachtstraum siehe ebd., Bd.  2, S.  155ff. ◼ 37 Marasmus senilis] lat. „Altersschwäche“. ◼ 39f. Monte Testaccio] ein aus Scherben bestehender Hügel in Rom. ◼ 42 Kaulbachs Irrenhaus] Das Narrenhaus – Zeichnung des dt. Malers Wilhelm von Kaulbach. ◼ 47 partibus infidelium] → Nr.  11/Erl. zur Z. 41. ◼ 53 da kömmt nun … Pohl] Richard Pohl hat Uhlands Ballade be arbeitet bzw. der musikalischen Form angepasst. ◼ 56f. beim zerstückten Pelops … ersetzt wurde] Laut dem griech. Mythos wurde das fehlende Schulterstück von Pelops durch Elfenbein ersetzt. ◼ 69f. Erzählungen Münchhausens] → Nr.  6/Erl. zur Z. 71. ◼ 84–94 „zu Dyonis … Glauben u. s. w.“] Freizitate aus: Schiller, Ballade „Die Bürgschaft“. ◼ 97 Essers … Composition der Ballade] Des Sängers Fluch op.  8. ◼ 103f. im ersten Gesange von … Adolar.] Arie „Unter blüh’nden Mandelbäumen“ in Webers Euryanthe. ◼ 106f. Möge bald eine Aufführung … ver- wischen] Schumanns Musik zu Manfred op.  115 erklang am 22.  Dezember 1874 im Rahmen der Aufführung von Lord Byrons gleichnamigem Drama an der Wr. Hofoper – vgl. Ambros’ Feuil- leton in: WA (1874), Nr.  295, 24.  Dezember (→ Bd.  2/Nr.  198). ◼ 108 die zwei letzten Verse] „Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch; / versunken und vergessen! das ist des