Seite - 396 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

396 März 1873 65 70 75 Der letzte Quartettabend Hellmesbergers, zugleich sein dreihundertster, gestaltete sich zu einer glänzenden und, was noch mehr sagen will, zu einer herzlichen Fest- feier. Gedrängt voller Saal, glänzendes Publicum, Lorbeerkränze, dargebracht von den verschiedenen musikalischen Societäten Wiens, eine gehobene Stimmung, die aus Aller Mienen sprach, Beifall ohne Ende und, als die letzten Töne des Beet- hoven’schen Cis-moll-Quartettes verklungen, im Künstlerzimmer ein förmlicher Auflauf – jeder wollte den Pfleger edler Kunst, dem wir so viele schöne Augenbli- cke danken, begrüßen – er kam ordentlich in Lebensgefahr und es wäre der Mühe werth gewesen, zu zählen, wie oft Vater Hellmesberger binnen fünf Minuten um- armt worden ist. Ansprachen, deren herzlichem Tone man es anhörte, sie seien nicht daheim concipirt und vorbereitet, sondern Ergebnisse des Momentes, fehlten so wenig wie schöne und kostbare Festgeschenke. Die Herren spielten an dem Festabend drei Prachtstücke, das schönste aller B-dur-Quartette Haydns, das D-moll-Quartett von Schubert und das schon genannte Beethoven’sche; sie über- trafen diesmal wirklich sich selbst; der Abend zählt für uns zu den schönsten musikalischen, deren wir uns erinnern. A. W. Ambros. Rezensierte Veranstaltungen Novitäten-Matinée von J.  P. Gotthard, 16. Februar 1873, Bösendorfersaal ◼ Matinée musicale von Wilhelm Junck, 9.  Februar 1873, ebd. ◼ Sechstes Konzert des Hellmesberger-Quartetts, 27.  Februar 1873, MVkl. Rezensierte Werke Amadei: Nr. 1 „Bitte“ aus 3 Gesänge op. 3 ◼ Beethoven: Streichquartett cis-Moll op.  131 ◼ Jakob Fischer: Nr.  4 „Sehnende Hoffnung“ aus 4 Gesänge op.  3 ◼ Fuchs: 2  Nrn. aus 4 Klavierstücke op.  2 ◼ Goldmark: Nr.  4 „Der Wald wird dichter“ aus 12 Gesänge op.  18 ◼ Joseph Haydn: Streichquartett B-Dur Hob  III:78 (Sonnenaufgang) ◼ Herzogenberg: Thema und Variationen Des-Dur ◼ Nawratil: 2 Klavierstücke op.  6 ◼ Nyáry de Bedegh: Nr.  2 „Nun ist der Tag geschie- den“ aus 2 Gesänge op.  2 ◼ Pazdírek (Pseud. J.  P. Gotthard): Gavotte (Klavierbearbeitung von August Horn) ◼ Riedel: Nr.  1 „Ich will von Schlachten singen“ aus 3 Lieder op.  8 ◼ Schubert: Streichquartett d-Moll D  810 ◼ Spohr: Nr.  1 „Barcarole“ aus Salonstücke op.  135, Violinkonzert a-Moll in modo di scena cantante (in Form einer Gesangsszene) op.  47 ◼ Julius Zellner: Violon- cellosonate d-Moll op.  11 Erläuterungen 8f. „Auswahl aus des Teufels Papieren“] Auswahl aus des Teufels Papieren nebst einem nöthigen Aviso vom Juden Mendel – Satirensammlung (1789) von Jean Paul. ◼ 11f. Violoncell-Sonate von Julius Zellner] Ursprünglich sollte Zellners Violoncellosonate d-Moll op.  11 in der Trio-Soirée von Anton Door am 1.  Februar 1873 aufgeführt werden → Nr.  97/Erl. zur Z. 92f. ◼ 12 Louis Spitzer] eigtl. Name von Louis Hegyesi (1853–1894), Violoncellist; 1875–1880 Mitglied des Florentiner Quartetts, ab 1887 Prof. am Konservatorium in Köln. ◼ 40 Nawratil] Karl Nawratil (1836–1914), Beamter, Komponist und Musikpädagoge (u. a. Lehrer von Anton Webern). ◼ 40 Gotthard] Gavotte (Klavierbearbeitung von August Horn). ◼ 41 Amadei und Nyáry] Albert Amadei (1851–1894), Beamter, Komponist, Schüler von Gustav Nottebohm; Tamás Nyáry