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122 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Pfurtscheller bezog sich damit also auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Me-
tallwarenerzeugung und des Handels im Tal, die sich seit der bayerischen Regierungs-
übernahme, wie bereits erörtert, verschlimmert hatten. Für den Fall einer erfolg-
reichen gewaltsamen Abschüttelung dieser neuen Regierung stellte er die Rückkehr
unter die kaiserliche Krone in Aussicht. Dadurch, so suggerierte Pfurtscheller, würde
sich automatisch die wirtschaftliche Lage in der Region verbessern. Damit sprach er
ein Problem an, das ganz offensichtlich die unmittelbaren Lebensumstände, in die-
sem speziellen Fall die wirtschaftliche Existenz, der Adressaten betraf.291 Ob nun die
seinem Argument zugrundeliegende Hoffnung wirklich die Michael Pfurtschellers
war, oder aber ob er lediglich erkannt hatte, auf welche Art und Weise seine Zeitge-
nossen am ehesten zu motivieren waren, lässt sich nicht feststellen.
3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr
Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, Michael Pfurtschellers militä-
risches Handeln im Rahmen der Erhebung des Jahres 1809 anhand der vorhandenen
Quellen nachzuzeichnen – wo handelte er wann und in welchem Kontext? Sein Ak-
tions- und Kommunikationsradius soll daraus ersichtlich, die Bedeutung seiner Per-
son für die Region Stubaital während der Monate der Erhebung einschätzbar werden.
Hinweise zu Pfurtschellers Beteiligung an den Ereignissen dieses Jahres ergeben
sich vor allem – darauf wurde in der Einleitung bereits hingewiesen – aus zwei Quel-
lensammlungen, die hier nun nochmals kurz vorgestellt werden sollen:
- Mehr als achtzig meist handschriftliche die Erhebung von 1809 betreffende
Schriftstücke finden sich im bereits vorgestellten Nachlass Michael Pfurtschellers in
der historischen Sammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Der Groß-
teil dieser Quellensammlung stammt aus dem Jahr 1809 selbst. Einerseits handelt
es sich hier um die Organisation der Erhebung betreffende Schreiben der ständi-
gen Schutzdeputation in Innsbruck und der Kanzlei Andreas Hofers an Pfurtschel-
ler beziehungsweise an die Gemeindevorstehungen des Stubaitales. Außerdem fin-
den sich auch Schreiben von Stubaier Gemeindevorstehern, die sich in dieser Sache
an Michael Pfurtscheller wenden. Auch Pfurtscheller selbst ist der Urheber einiger
Schriftstücke. Hierbei handelt es sich etwa um Aufrufe zum Ausrücken, um Standes-
und Verpflegungslisten sowie um Berichte der ausgerückten Mannschaft an die Da-
heimgebliebenen. Daneben finden sich auch Berichte über die Ereignisse des Jahres
1809, die Pfurtscheller erst Jahre später verfasst hat, entweder adressiert an das für die
2, Nr. 16.
291 Vgl. dazu die Analyse Schennachs zu den Aufstandsmotiven: Schennach, Revolte, 2009, S. 236–306.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435