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3.3. 1809 133
Pfurtscheller selbst, so scheint es, hat sich an dieser fehlgeschlagenen Unterneh-
mung nicht beteiligt, er blieb wohl mit einem Teil der Stubaier Mannschaft am
Bergisel zurück. Er berichtet von „ihrer rükkehr“ in die Stellungen am Bergisel, nicht
von „unserer“. Außerdem sah er, so deutet er im zitierten Abschnitt seines Berichts
an, seine Autorität innerhalb des Aufgebots, nachdem sich seine Bedenken gegen-
über der Unternehmung in den frühen Morgenstunden auf tragische Weise bestätigt
hatten, gestärkt. Schließlich hätten ihm die Rückkehrer – zu denen er offensichtlich
nicht gehörte – nun „lieber“ gehorcht.336
Es gibt jedoch auch noch weitere Darstellungen dieses Morgens des 12. April aus
der Hand Pfurtschellers, aus denen sich ein anderes Bild ergibt. Im seinem bereits
zitierten „Concept“ zu den Ereignissen der Apriltage vermittelt Pfurtscheller mit den
Worten „die Feinde verfolgten uns bis am Fuß des Iselberges wo man sich sam-
melte“337 den Eindruck, er wäre am ersten, erfolglosen Angriffsversuch auf Wilten
beteiligt gewesen. Dieses Bild ergibt sich auch aus einem der Berichte Pfurtschellers
an Joseph Rapp.338 Dieser entschied sich dann in seinem Werk „Tirol im Jahre 1809“
jedoch für die Variante, dass Pfurtscheller am Bergisel zurückblieb während sich ei-
nige „seiner“ Stubaier am Vorstoß nach Wilten beteiligten:
„Am hitzigsten benahmen sich die Stubaier und Ellbögener, erstere gegen den Rath ihres
Hauptmannes Pfurtscheller, der sogar zurückblieb, letztere ihren Anführer Schandl und
den Wagehals Patsch von Wilten an der Spitze.“339
3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck
Nachdem die bayerischen Truppen die Waffen gestreckt hatten, drängten die rund
um die Stadt zusammengekommenen Tiroler Aufgebote, aber auch an den voran-
gegangenen Kämpfen nicht beteiligte Menschen aus der näheren Umgebung, in die
Stadt. Das Fehlen obrigkeitlicher Kontrolle und die unübersichtliche Situation in-
folge der Kämpfe führte dort nun zu chaotischen Szenen. Es kam zu einer Reihe
von Plünderungen und Ausschreitungen gegen Geschäfte und Bürgerhäuser bezie-
336 Vgl. Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D., TLA, Ma-
terialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9.
337 „Concept“ Pfurtschellers zu Kämpfen 11.–13. April 1809, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 82.
338 „Nachdiesen zogen wir, wir wurden bis Stidlwirth und am Fuß des Ferrarihof verfolgt, ins Holz
am Bergisel zurück“, heißt es hier. (Pfurtscheller an Rapp zu den Ereignissen im April, o. D., TLA,
Materialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 8.)
339 Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 103.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435