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4.1. Michael Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 291
4.1.1. Pfurtscheller und die dörfliche Infrastruktur
Die bereits mehrfach erwähnte Unwetterkatastrophe im Spätsommer 1807 war kein Ein-
zelfall. Auch in den Jahren 1772, 1776, 1789, 1817 und 1821 hätten Vermurungen und
Überschwemmungen beträchtliche Schäden im ganzen Tal verursacht, so berichtet ein
Artikel über das Stubaital in der Zeitschrift des Ferdinandeums aus dem Jahr 1825.14
Arbeiten zur Beseitigung von derartigen Verwüstungen und zur Verhinderung oder Ab-
milderung künftiger Katastrophen waren für die Dorfgemeinschaften wohl alltäglich.
Im Jahr 1815 erstattete Gemeindevorsteher Pfurtscheller auf Geheiß des Kreis-
amtes in Schwaz15 Bericht über die Wildbäche im Gemeindegebiet von Fulpmes und
deren Verbauungszustand. Pfurtscheller legte dabei den Schwerpunkt auf die Situ-
ation des Schlickerbaches, der im Jahr 1807 so großen Schaden angerichtet hatte.
Hier habe die bayerische „Regierung – nach dem bekanten Bergfall am 30 August
1807 zwey sogenante Gemauerte Thalsperen […] anlegen lassen“, wobei die zweite
aufgrund des Aufstandes im Jahr 1809 nicht vollendet worden sei.16 Seitens der Ge-
meinde – und folglich unter der Leitung von Gemeindevorsteher Pfurtscheller – sei
seit 1809 vor allem versucht worden, in den Tälern, in denen der Schlickerbach
entspringt – das sind der Schlicker Talkessel und das Halsltal – Verbauungen zu
errichten. Die unfertige Talsperre habe man leider „wegen herabgesunkenen Wohl-
stand“ nicht vollenden können, jedoch sei verstärkt am „Neuangelegten Canalbau im
Unterdorfe“17 und an der „Urbarmachung der tief überschütteten Grundstücke“, der
Reparatur der zerstörten Werkstätten, der Anlegung von Dämmen sowie der Bepflan-
zung der gefährlichsten Murbruchgebiete gearbeitet worden.18 Wirklich effektiven
Schutz könnten jedoch nur weitere Talsperren bieten, zu deren Realisierung aller-
dings finanzielle Unterstützung durch die Obrigkeit notwendig sei, so Pfurtscheller:
14 Vgl. O. A., Das Thal Stubei und dessen Bewohner, 1825, S. 223–225, Anm. 38, sowie: Kap. 6.2.
15 Vgl. KA Schwaz an LG Mieders, 26. Mai 1815, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 33, 1808–1815,
Bündel „Landg. Stubai Bau 1815“.
16 Vgl. Bericht zu Wildbächen, 8. Juni 1815, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 33, 1808–1815,
Bündel „Landg. Stubai Bau 1815“.
17 Pfurtscheller richtete seinen Bericht an das zuständige Landgericht Stubai. Der Landrichter fasste
den Bericht zusammen und leitete ihn dem Kreisamt weiter. Im Zuge dessen präzisierte er den von
Pfurtscheller erwähnten „Canalbau im Unterdorfe“: „[…] in der Gemeinde Fulpmes wurde um den
Mühlbach in Schranken zu halten bishero von Seiten der Gemeinde mit vieler Thätigkeit und grosser
Anstrengung in Erbauung eines ausgepflasterten Rinsals durch das Unterdorf Fulpmes gearbeitet
so auch nächstens vollendet werden dürfte.“ (Vgl. LG Stubai an KA Schwaz, 12. Juli 1815, TLA,
Aktenserie LG Mieders, Fasz. 33, 1808–1815, Bündel „Landg. Stubai Bau 1815“.)
18 Vgl. Bericht zu Wildbächen, 8. Juni 1815, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 33, 1808–1815,
Bündel „Landg. Stubai Bau 1815“.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435