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372 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
„Wenn wir den Gewinn zu klein machen, so heißt es: ‚Die Fabrikation und der Handel von
Stubai sind unbedeutend, es lohnt sich nicht der Mühe etwas dafür zu thun, ein Gericht
nach Stubai zu geben, oder die Strasse Stubai näher zu bringen.‘ Dies wollte ich vermeiden.
Wenn man sagt: ‚Stubai ist reich‘, so sagen Sie nur: ‚Ja es wäre es, wenn das Wasser nicht
so viel schadete‘.“38
6.2.3. Zeitgenössische obrigkeitlich-statistische Erhebungen
Wenn weiter oben erwähnt wurde, dass die Autoren der genannten zeitgenössischen
Beiträge zur wirtschaftlichen Lage im Stubaital nicht auf amtlich erhobene Statisti-
ken zurückgreifen konnten, ist damit nicht gemeint, dass es solche nicht gab.39 Tat-
sächlich fanden im betreffenden Zeitraum – in den ersten zwei Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts – mehrfach obrigkeitliche Erhebungen zur wirtschaftlichen Situation
in der Region statt. Die Ergebnisse waren den erwähnten Autoren jedoch wohl nicht
zugänglich. Die zwei umfangreichsten und prominentesten Erhebungen waren die
1802 veranlasste „historische Staatsgüterbeschreibung“ und die informell als „Mont-
gelas-Statistik“ bezeichnete für die zwölf Monate zwischen 1. Oktober 1811 und 30.
September 1812.40 Auf diese beiden Datensammlungen soll in der Folge detaillierter
eingegangen werden.
6.2.3.1. Das Stubaital in der Staatsgüterbeschreibung von 1802
Anfang 1802 erhielt Erzherzog Karl, ein Bruder des Kaisers und seit Anfang 1801
Präsident des Hofkriegsrates,41 den kaiserlichen Auftrag, „von sämtlichen Staatsgü-
tern der deutschen und galizischen Erblande statistisch-historische Beschreibungen
abzuverlangen“42 – „von den sämtlichen Staats- Religions Fonds, Stiftungs oder
sonstigen der Staats Verwaltung unterliegenden Gütern ohne Zeitverlust eine um-
ständliche historische Beschreibung einzuholen“, wie es im Schreiben des Erzher-
38 Vgl. ebd.
39 Vgl. Kap. 6.2.
40 Beide Quellen wurden bislang von der Tiroler Historiographie wenig bis gar nicht berücksichtigt,
böten jedoch – vor allem auch rund um den „Dauerbrenner 1809“ – sicherlich interessante Anknüp-
fungspunkte für weitere Forschungen, die sich im Rahmen dieser Arbeit aus Zeit- und Platzgründen
nicht realisieren lassen.
41 Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 6, 1860, S. 372–386; sowie: Helmut Hertenberger/Franz Wiltschek,
Erzherzog Karl. Der Sieger von Aspern, Graz-Wien-Köln 1983, S. 112.
42 Benedikt Schneider, Land und Leute. Landesbeschreibung und Statistik von Innerösterreich zur Zeit
Erzherzog Johanns (Grazer Beiträge zur Europäischen Ethnologie 3), Frankfurt a. M.–Wien 1994, S.
38.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435