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Geschichte
Vor 1918
Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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328 5. Familie Pfurtscheller Zum Zeitpunkt der Lener-Pfurtscheller-Hochzeit, sechs Jahre vor der Einführung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesestzbuches – ABGB – im Jahr 1812, kam in ehe- rechtlichen Belangen das bereits angesprochene, seit 1787 gültige Josephinische Ge- setzbuch zur Anwendung. Die Gütertrennung wurde darin als der „Normalzustand“ in einer Ehe betrachtet. Falls die Ehepartner einen anderen Güterstand in ihrer Ehe geltend haben wollten, war eine vertragliche Regelung notwendig.62 Obwohl in Tirol zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Gütergemeinschaft zwischen Ehepartnern alles andere als üblich war,63 entschieden sich Michael Pfurtscheller und Anna Lener in Punkt fünf ihres Ehepaktes für eine Variante dieses Güterstandsmodus, eine soge- nannte Errungenschaftsgemeinschaft, eine Mischform zwischen Gütertrennung und Gütergemeinschaft. Lediglich während der Dauer der Ehe hinzugewonnenes – „er- rungenes“ – Vermögen sollte demnach gemeinschaftliches Vermögen sein. Das mit einer Gütergemeinschaft verbundene finanzielle Risiko für die Frau im Falle eines Konkurses ihres Ehemannes wurde durch die Bedingung abgeschwächt, dass, abge- sehen von den 1000 Gulden Heiratsgut, die von Anna Lener in die Ehe eingebracht wurden, das übrige Vermögen der Braut von einer Haftung ausgenommen bleiben sollte.64 5.2.1.1. Stubaier Heiratskontrakte aus dem Jahr 1805 im Vergleich Im Jahr 1805 haben lediglich drei Ehepakte Eingang in das Stubaier Gerichtspro- tokoll gefunden: der von Maria Denifl und Christian Kindl, „Handler von der 62 Vgl. JGS Nr. 591/1786 (Patent vom 1. November 1786), 3. Hauptstück, § 97, S. 99. 63 Ellinor Forster spricht in ihrer Dissertation davon, dass die Möglichkeit der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft in Eheverträgen in Tirol zu Beginn des 19. Jahrhunderts „sehr spärlich in An- spruch genommen“ worden sei. Es seien zunächst ausschließlich „einfache Beamtenehen“ gewesen, in denen die Gütergemeinschaft zur Anwendung gekommen sei. Forster verweist auch auf einen Heiratskontrakt zwischen einem Wirt und seiner Ehefrau aus dem Jahr 1841 als den ersten Fall einer Gütergemeinschaft abseits des Beamtenstandes. (Vgl. Forster, Handlungsspielräume, 2007, S. 89 f.) Die im Ehepakt von Anna Lener und Michael Pfurtscheller gewählte Form des Güterstandes kann also durchaus als eine Besonderheit für diese Zeit interpretiert werden. Das geht auch aus der Untersuchung Lanzingers hervor. In den von ihr untersuchten Heiratskontrakten dominierte ganz eindeutig die Gütertrennung. Die Sonderform der Gütergemeinschaft, die auch Anna Lener und Michael Pfurtscheller wählten – die Errungenschaftsgemeinschaft – kam lediglich in Ausnahme- fällen vor – bei Ehen zwischen Erbtöchtern und zuheiratenden Schwiegersöhnen. Bei Lener und Pfurtscheller waren die Besitzverhältnisse jedoch nicht so. (Vgl. Lanzinger, Heiratskontrakte, 2010, S. 223 u. 229.) 64 Vgl. Ehepakt Michael Pfurtscheller und Anna Lener, 9. September 1805, TLA, VB Stubai, 34/245, Registerteil 2, Bl. 196 r–200 v; sowie: Forster, Handlungsspielräume, 2007, S. 85–88; sowie: Lan- zinger, Heiratskontrakte, 2010, S. 226. Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Ein Bürger unter Bauern? Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Title
Ein Bürger unter Bauern?
Subtitle
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Author
Michael Span
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20144-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
470
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. 1. Einleitung 9
    1. 1.1. Begriffe 9
      1. 1.1.1. Sattelzeit 9
      2. 1.1.2. Mikrogeschichte 11
      3. 1.1.3. Protoindustrialisierung 16
      4. 1.1.4. Bürger und Bauern 19
    2. 1.2. Fragestellungen und Forschungsstand 23
    3. 1.3. Quellen 31
      1. 1.3.1. Nachlass Michael Pfurtscheller 32
      2. 1.3.2. Verfachbuch, Verlassenschaftsabhandlungen, Kuratelrechnungen 34
      3. 1.3.3. Gerichtsakten 35
      4. 1.3.4. Materialiensammlung Rapp 36
      5. 1.3.5. „Statistische“ Daten zum Stubaital 37
      6. 1.3.6. Sonstige Quellen 38
  2. 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
    1. 2.1. Schulbildung in Tirol an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert 41
    2. 2.2. Die Trivialschule in Fulpmes im Jahre 1785 44
    3. 2.3. Wander- und Lehrjahre 51
  3. 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
    1. 3.1. 1797 58
      1. 3.1.1. Der Krieg erreicht Tirol 58
      2. 3.1.2. Quellen zu Michael Pfurtscheller und 1797 59
      3. 3.1.3. Der Stubaier Landsturm zieht aus 64
      4. 3.1.4. Die Einsatzgebiete des Stubaier Landsturms 68
      5. 3.1.5. Das Ergebnis der Kämpfe 75
    2. 3.2. 1799/1800, 1805 77
      1. 3.2.1. Tirol und der zweite Koalitionskrieg 77
      2. 3.2.2. Die Stubaier Schützenkompanie an der Grenze zu Graubünden 78
      3. 3.2.3. Stubaier Aufgebote an der Grenze zu Bayern 83
      4. 3.2.4. Der dritte Koalitionskrieg 1805 84
      5. 3.2.5. Das Stubaital und der Krieg 1805 86
    3. 3.3. 1809 88
      1. 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
      2. 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
      3. 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
        1. 3.3.3.1. Katastrophenbewältigung und Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 93
        2. 3.3.3.2. Neuordnung der Verwaltungssprengel 100
        3. 3.3.3.3. Währungsreform und wirtschaftliche Schwierigkeiten 109
      4. 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
      5. 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
        1. 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
        2. 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
        3. 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
        4. 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
        5. 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
        6. 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
        7. 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
        8. 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
        9. 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
        10. 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
        11. 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
        12. 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
        13. 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
        14. 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
      6. 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
    4. 3.4. Erbhuldigung 1838 236
      1. 3.4.1. Erbhuldigung im Staat des 19. Jahrhunderts 236
      2. 3.4.2. Michael Pfurtscheller und das Großereignis Erbhuldigung 239
    5. 3.5. 1848 251
      1. 3.5.1. Die Revolution erreicht Tirol 251
        1. 3.5.1.1. Stubaier Reaktionen auf revolutionäre Ereignisse 257
        2. 3.5.1.2. Das Stubaital wählt 268
      2. 3.5.2. Defensionskommissär Pfurtscheller 273
  4. 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
    1. 4.1. Michael Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 288
      1. 4.1.1. Pfurtscheller und die dörfliche Infrastruktur 291
      2. 4.1.2. Die Verlegung des Gerichtssitzes 294
    2. 4.2. „Lästige“ administrative Ämter 300
    3. 4.3. Exkurs: Anton Lutz und die Unbeliebtheit von Gemeindeämtern 307
    4. 4.4. Michael Pfurtschellers „Feinde“ 310
  5. 5. Familie Pfurtscheller 315
    1. 5.1. Michael Pfurtschellers familiärer Hintergrund 315
    2. 5.2. Michael Pfurtscheller heiratet 321
      1. 5.2.1. Anna Lener 321
        1. 5.2.1.1. Stubaier Heiratskontrakte aus dem Jahr 1805 im Vergleich 328
        2. 5.2.1.2. Michael Pfurtscheller und das Netzwerk der Leners 332
      2. 5.2.2. Elisabeth Wolf 333
    3. 5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater 337
      1. 5.3.1. Der rechtliche Rahmen 337
      2. 5.3.2. Säuglingssterblichkeit und Kinderzahl 339
      3. 5.3.3. Emotionale Bindungen im Hause Pfurtscheller 343
      4. 5.3.4. Die Ausbildung der Söhne Michael Pfurtschellers 349
      5. 5.3.5. Michael Pfurtschellers Söhne und der Militärdienst 352
  6. 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
    1. 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
    2. 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
      1. 6.2.1. Die Informationsbasis zeitgenössischer Beiträge 364
      2. 6.2.2. Zur Verlässlichkeit bislang rezipierter Quellen zur Stubaier Wirtschaft 367
      3. 6.2.3. Zeitgenössische obrigkeitlich-statistische Erhebungen 372
        1. 6.2.3.1. Das Stubaital in der Staatsgüterbeschreibung von 1802 372
        2. 6.2.3.2. Das Stubaital in der „Montgelas-Statistik“ 375
    3. 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
      1. 6.3.1. Die Metallwarenerzeugung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 383
      2. 6.3.2. Die Handelskompanien 391
      3. 6.3.3. Die Jahrhundertwende als wirtschaftliche Krisenzeit 394
      4. 6.3.4. Die Wirtschaftskrise und Michael Pfurtschellers Aufstieg als Verleger 398
        1. 6.3.4.1. Das Handelsmodell Pfurtschellers 398
        2. 6.3.4.2. Michael Pfurtscheller als Krisenretter und Krisenprofiteur 401
        3. 6.3.4.3. Exkurs: Michael Pfurtscheller gegen Anna Maria Heilig, verwitwete Schmid 408
    4. 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
      1. 6.4.1. Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Wirten 414
      2. 6.4.2. Stubaier Wirte gegen illegale Konkurrenz 420
    5. 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
  7. 7. Schlussbemerkungen 425
  8. 8. Anhang 435
    1. 8.1. Abkürzungsverzeichnis 435
    2. 8.2. Quellenverzeichnis 436
      1. 8.2.1. Archivalien 436
      2. 8.2.2. Gedruckte Quellen 437
      3. 8.2.3. Zeitungen, zeitgenössisch 438
      4. 8.2.4. Gesetzes- und Verordnungstexte 439
    3. 8.3. Literaturverzeichnis 440
    4. 8.4. Personenregister 460
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