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3.4. Erbhuldigung 1838 239
Tirol 1838“ die „zarte Rücksicht“ des Kaisers „für die eigenthümlichen, größtentheils
uralter Zeit entstammenden, Verhältnisse und Formen des abgesonderten Gebirgs-
landes“ Tirol beschwört und auch die Rede des Anführers der Tiroler Deputation im
Jahre 1835, Landeshauptmann von Wilczek zitiert, der sich auf das „gute alte Recht“
beruft, das Tirol eng an Herrscherhaus und Kaiser binde.786
Jedenfalls seien die seitens der Landstände beschworenen Privilegien und Frei-
heiten, die „alte Verfassung“ des Landes, ohnehin schon im Laufe des 18. Jahrhun-
derts sukzessive ausgehöhlt und überholt worden, so schreibt Astrid von Schlachta.787
Hinsichtlich der Beschwörung der „alten Verfassung“ Tirols im Rahmen der Erb-
huldigung für Kaiser Franz I. im Jahr 1816 bemerkt sie schließlich, dass bereits den
Zeitgenossen damals bewusst gewesen sei, „dass die in der [am 24. März 1816 von
Kaiser Franz I. erlassenen] Verfassung788 festgeschriebenen Rechte nicht allzuviel mit
den alten beschworenen ‚Freiheiten und Privilegien‘ zu tun hatten“.789
Abgesehen vom fraglichen Gehalt der von den Tiroler Ständen beschworenen
„Freiheiten und Privilegien“, den von Schlachta anspricht, hatte sich die Erbhul-
digung auch auf einer anderen, einer funktionalen Ebene bis ins 19. Jahrhundert
gewandelt. Matthias Schwengelbeck nimmt Bezug auf André Holenstein, der eine
„Entrechtlichung des Huldigungsaktes und des -zeremoniells im absolutistischen
Polizeistaat“, also einen Verlust der weiter oben angedeuteten rechtskonstitutiven
Komponente „durch die einseitige, auf Befehl-Gehorsams-Beziehungen sich stüt-
zende fürstliche potestas legislatoria“790 diagnostizierte, der sich wohl auch im Fall
der Erbhuldigung in Innsbruck 1838 beobachten lässt.791
3.4.2. Michael Pfurtscheller und das Großereignis Erbhuldigung
Wie immer auch die Tiroler Erbhuldigung von 1838 vor dem Hintergrund der For-
schungen zum monarchischen Zeremoniell und insbesondere der Bedeutung von
786 [Weber], Denkbuch 1838, 1839, S. 3–9. – Friedrich Graf Wilczek (1790–1861) war von 1825 bis
1837 Landesgouverneur und Landeshauptmann von Tirol. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 56, 1888,
S. 112 f.)
787 Vgl. Von Schlachta, „Verfassung“, 2009, S. 129–151.
788 Eine Edition des Patentes zur Wiederherstellung der ständischen Verfassung Tirols vom 24. März
1816 findet sich hier: Ilse Reiter (Hg.), Verfassungsdokumente Österreichs 1816–1849, in: Verfas-
sungsdokumente Österreichs, Ungarns und Liechtensteins 1791–1849 (Constitutions of the World
from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century 2), hg. v. Ilse Reiter, András Cieger
u. Paul Vogt, München 2005, S. 19–252, hier: S. 215–221.
789 Von Schlachta, „Verfassung“, 2009, S. 151.
790 Holenstein, Huldigung, 1991, S. 458.
791 Vgl. ebd.; sowie: Schwengelbeck, Politik, 2007, S. 35.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435