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170 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien
„Es sind heute gegen 10/m [10.000] Mann, darunter 1400 M. Kavallerie und 22 Kanonen
eingerückt. Wie hätten die Bauern dieser Macht widerstehen können! Der größte Teil der
Truppen kampiert auf den Wiltauer [Wiltener] Feldern.“512
So beginnt Anton Knoflachs Tagebucheintrag zum 19. Mai 1809.513 General Wrede514
wurde von einer Beamtendelegation kurz vor der Stadt in Empfang genommen und
zum Landhaus begleitet, vor dem er sich in einer Rede an die versammelten Tiroler
wandte.515 Unter den Zuhörern befand sich, laut eigenen Angaben aus dem Jahr
1833, auch Michael Pfurtscheller. In seinem Schreiben an „Hr. Professor“516 gibt er
seine, der der Innsbrucker Zeitung sehr ähnliche, Version der Rede General Wredes
wieder:
„‚Hr. Graf Thannenberg Sie sind der Chef der Tiroler Rebellen? Sie verdienten aufgehenkt
zu werden, aber wir haben Ihnen schon in Schwatz gestraft – Sie werden Ihre Palläste und
Schätze nicht mehr finden. So wie Sie für die feigen Oesterreicher thättig und sehr bemühet
waren; also Trage ich Ihnen auf für die Verpflegung meiner Truppen (er saß zu Pferde mit
bloßen Degen, zeugte mit dem Degen gegen die Hauptwache hinunter, und sagte) meine
Soldaten sind noch nie geschlagen worden, und werden sich (mit den Degen Rechts gegen
512 Schumacher, Knoflach’s Tagebuch, 1909, S. 11.
513 Vgl. auch die Schilderung Dipaulis in: Meighörner, Tagebuch Di Pauli, 2008, S. 288 f. – Joseph
Rapp hält sich bei seinen Ausführungen zum Einmarsch der Bayern sehr genau an die Tagebuchauf-
zeichnung Dipaulis. (Vgl. Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 299 f.) Selbiges gilt auch für die Ausführungen
Josef Hirns. (Vgl. J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 436.)
514 Karl Philipp Graf Wrede (1767–1838) kommandierte – wie bereits erwähnt – eine der beiden bay-
erischen Divisionen, die im Mai 1809 gegen Innsbruck vorrückten. Der Jurist war erst 1799 in den
Militärdienst eingetreten und hatte in den Koalitionskriegen rasch Karriere gemacht. (Vgl. Blaas,
Josef Daney, 2005, S. 454.)
515 Vgl. Meighörner, Tagebuch Di Pauli, 2008, S. 288 f. – Dipauli erklärt, er habe den Inhalt der Rede
nicht verstehen können, da er zu weit von Wrede entfernt gestanden habe. Der Wortlaut von Wredes
Ansprache wurde in der Innsbrucker Zeitung vier Tage später wiedergegeben. (Vgl. Einzug der bay-
erischen Truppen in Innsbruck am 19. Mai 1809, in: Innsbrucker Zeitung, Nr. 37, 23. Mai 1809.)
Joseph Rapp betont jedoch, die Innsbrucker Zeitung habe nicht den exakten Wortlaut der Rede
abgedruckt. Die Beleidigungen Wredes gegen den Grafen Ignaz Joseph Tannenberg würden fehlen.
Der Angriff Wredes auf Tannenberg wurde jedoch sehr wohl im Artikel der Zeitung erwähnt. Dass
Wrede, wie Rapp ohne Angabe einer Quelle angibt, Tannenberg als „einen alten blinden Salaman-
der“ bezeichnet hätte, fehlt im erwähnten Zeitungsbericht. (Vgl. Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 300
u. S. 311 f.; sowie: Einzug der bayerischen Truppen in Innsbruck am 19. Mai 1809, in: Innsbrucker
Zeitung, Nr. 37, 23. Mai 1809.)
516 Vgl. Anm. 357.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435