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3.3. 1809 149
terschrift verwendete.408 In seiner 1838 verfassten Darstellung der Kriegsereignisse
der Jahre 1796 bis 1813 bemerkt Pfurtscheller jedenfalls, er habe „den anderen Tag“
– gemeint ist wohl der 16. April409 – gemeinsam mit den „zu Innsbruck anwesigen
alten Landstände[n]“ und „mehrern Bauern aus der Nachbarschaft“ Chasteler in der
Hofburg seine Aufwartung gemacht.410 Die oben erwähnte, von Michael Pfurtschel-
ler selbst angeblich am 16. April 1809 aus Natters abgeschickte Aufforderung er-
scheint vor diesem Hintergrund noch rätselhafter.
3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung
Josef von Hormayr411 übernahm nun nach dem Sieg der Tiroler als kaiserlicher Inten-
dant die Zivilverwaltung im Land. Für die militärische Organisation des Landes stand
ihm General Chasteler zur Seite. Die diversen unter der bayerischen Regierung umge-
stalteten Verwaltungsebenen blieben dabei bestehen, waren nun eben nicht mehr den
Behörden in München unterstellt, sondern dem Intendanten.412 „Neu“ hingegen war
die Wiedereinrichtung von sogenannten Schutzdeputationen, die, in ständisch-paritä-
tischer Besetzung, mit der Organisierung der Landesverteidigung betraut wurden. In
der Folge sollte, besonders für die weitere Entwicklung im Stubaital, die permanente
Schutzdeputation in Innsbruck am meisten in Erscheinung treten.413 Ihre Mitglieder
408 Vgl. Aufruf aus Natters ins Stubai, 16. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2,
Nr. 7. Der Aufruf war wohl ursprünglich undatiert. Auf der Rückseite wurde (nachträglich?) mit
Bleistift das Datum 16. April 1809 vermerkt, während die Vorderseite mit Tinte beschrieben ist. Auf
die Korrektheit der Datierung sollte also nicht unbedingt vorbehaltlos vertraut werden.
409 Vgl. J. Hirn, Tirols Erhebung, 1909, S. 340 f.
410 Vgl. ebd.; sowie: Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA,
Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 7 [vgl. Anm. 6]. – General Chasteler zog am Abend des
15. April in Innsbruck ein. (Vgl. Innsbrucker Zeitung, Nr. 30, 21. April 1809.)
411 Josef Freiherr von Hormayr zu Hortenburg (1781–1848) bringt es als Hochbegabter schon 1797
zum Gerichtspraktikanten, zieht 1801 nach Wien und wird dort bereits 1808 zum Direktor des k.k.
geheimen Staats-, Hof- und Hausarchivs ernannt. Er ist – wie bereits angedeutet – maßgeblich an
der Vorbereitung der Tiroler Erhebung 1809 beteiligt und wird Mitte April als oberster österreichi-
scher Zivilbeamter in Tirol eingesetzt. Bereits im Juli verlässt er wieder das Land. 1813 ist er in die
Vorbereitungen einer neuerlichen Erhebung in Tirol – die „Alpenbundverschwörung“ – verstrickt.
Er wird daraufhin verhaftet und interniert. 1814 wird er zwar rehabilitiert und zum „Reichshistorio-
graphen“ ernannt, muss jedoch trotzdem bis 1817 im Exil bleiben. 1828 schlägt er in Bayern eine
Beamtenkarriere ein, 1846 wird er Direktor des dortigen Staatsarchivs. Er hat mehrere historische
Werke verfasst. (Vgl. Blaas, Josef Daney, 2005, S. 420 f.)
412 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 380–382.
413 Die Kundmachungen General Chastelers in deutscher und italienischer Sprache, in denen die
Einrichtung der Schutzdeputationen verfügt wird, sind in den gesammelten Unterlagen zu Joseph
Rapps „Tirol im Jahre 1809“ in der Bibliothek des TLMF enthalten. In der italienischen Version
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435