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den Ursachen identifiziert,921 die dem Handeln der Pädagoginnen und der Leitungen
zugrunde liegen können.
Der Anspruch, niemanden auszugrenzen und alle Kinder gleich zu behandeln,
kann aus Angst, Kinder ungerecht zu behandeln, dazu führen, Differenz nicht zu the-
matisieren. Bereiche, in denen sich Kinder unterscheiden, werden ausgeblendet und
das Umfeld als möglichst homogen wahrgenommen und behandelt, was der Differenz,
die im Kindergarten gegeben ist, nicht gerecht werden kann, obwohl diesem Anliegen
der Anspruch der Gerechtigkeit zu Grunde liegt. „Differenzunempfindlichkeit, auch
jene, die einem egalitären Anspruch entspringt, trägt bei gegebenen Differenzen zu
einer Ungleichbehandlung bei.“922 Wird religiöse Differenz wegen eines zur Gleich-
behandlung verpflichtenden Gleichheitsprinzips nicht thematisiert, kann dies zur
Ausblendung von Bereichen führen, die für manche Kinder bedeutend sein können.
„Aus Sorge, junge Menschen könnten diskriminiert werden, vermeiden manche
Lehrer/innen die Thematisierung von (religiöser) Differenz, andere wieder sehen in
der Integration von (religiöser) Differenz in den Raum der Schule eine Bedrohung
des Schulfriedens. In beiden Fällen wird eine Atmosphäre der Assimilierung im Sinne
eines religiös wertfrei gedachten, religiöse Traditionen aber tatsächlich abwertenden
Säkularismus verstärkt.“923
Wenn Differenz im Kindergarten erlaubt und sensibel thematisiert wird, eröffnet sich
die Möglichkeit, mit anderen ins Gespräch zu kommen, sich zu informieren, sich in
Auseinandersetzung mit anderen eine eigene Meinung zu bilden und die eigene Mei-
nung zu reflektieren. „In manchen Kindergärten versucht man unter Berufung auf
Toleranz und liberale Pädagogik wertfrei und wertneutral zu erziehen. Man verkennt
dabei, daß damit die Grundhaltung der Indifferenz und Gleichgültigkeit gefördert
wird; […].“924
„Educational practices that foster children’s multiple identities need to avoid two
pitfalls: colour-blindness and tokenism. Colour-blindness is the denial of differences,
very often out of an honest concern to treat ‚all children equal‘. In practice this means
that parents and children from minority communities are welcomed, but receive
the (unintentional) message that they need to ‚adapt‘ as soon as possible to what is
considered ‚normal‘ within the dominant culture. Tokenism on the contrary involves
treating the ‚culture‘ of a child’s home life as fixed and static. Parents’ and children’s
921 Vgl. Kapitel „Kommunikation über religiöse Differenz“, Abschnitt „Gründe für Vermei-
dung der Kommunikation über religiöse Differenz“ (Teil V, 4.1.3).
922 Mecheril, Paul/Plößer, Melanie (2009): Differenz. In: Andresen, Sabine u. a. (Hg.): Hand-
wörterbuch Erziehungswissenschaft, 194–208, 197.
923 Jäggle, Martin (2007): Religiöse Pluralität in Europa. In: Bock, Irmgard u. a. (Hg.):
Europa als Projekt, 51–67, 60.
924 Projektgruppe Religionsunterricht der Österreichischen Kommission für Bildung und
Erziehung (1981): Österreichisches Katechetisches Direktorium für Kinder und Jugend-
arbeit. Wien: Hausdruckerei der Erzdiözese Wien, 38.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279