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Normierung letztlich überwachen. Die Nationalstaaten haben eine zentrale Rolle
gespielt bei der Herausbildung von sprachlichen Standards
– für die Verwaltung,
das Rechtswesen und sonstige staatliche Institutionen, sowie im Verlagswesen
und in den Medien. Vor allem: Das Schulwesen ist in Österreich gesamtstaatlich
organisiert. Das ist ein Grund, warum im vorliegenden Projekt der plurizentrische
Ansatz gewählt wurde, ohne dass – wie der empirische Teil zeigen wird – inner-
österreichische Variation außer Acht gelassen worden wäre. Die Ergebnisse der
Befragung zur Verwendung von Austriazismen/Deutschlandismen haben auch
gezeigt, dass einerseits die Kodifizierung des österreichischen Deutsch lückenhaft
ist und dass es auch eine dynamische altersabhängige Entwicklung im Sprach-
gebrauch unter dem Einfluss der Medien gibt, sodass kodifizierte Norm und
Gebrauchsnorm auseinanderdriften.
2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich
Überträgt man das oben angeführte Modell von sprachlicher Variation auf die
Sprachsituation in Österreich, dann wird meist zwischen österreichischem Stan-
darddeutsch/Hochdeutsch, einer großräumigeren Umgangssprache und Dialekt
unterschieden. Das führt zu einer drei- bzw. vierstufigen „Polyglossie“: Basisdia-
lekt, Verkehrsdialekt, Umgangssprache und Standardsprache (Steinegger 1998,
Wiesinger 1985). Das Kontinuum zwischen Dialekt und Standard („Hochdeutsch“)
kann man nach Wiesinger in vier Ebenen einteilen: örtliche Basisdialekte, regio-
nale Verkehrsdialekte, eine dem Hochdeutschen angenäherte Umgangsspra-
che, die keine auffälligen Dialektmerkmale mehr enthält, und „Hochdeutsch“
(Wiesinger 2010, 363). Der Basisdialekt weise dabei die geringste Verbreitung
auf, werde von alteingesessenen DorfbewohnerInnen in Gesprächen unterein-
ander und in Gesprächen mit jüngeren Familienangehörigen verwendet. Beim
Verkehrsdialekt handle es sich um eine mehr oder weniger dialektal beeinflusste
Alltagssprache, wobei die Stärke der Beeinflussung von regionalen und sozialen
Faktoren abhängig zu sein scheine. Die Beherrschung der Standardvarietät stehe
wiederum in direktem Zusammenhang mit ihrer Definition: Werde Standard als
überregional gesprochene Alltagssprache verstanden (im Sinn eines Gebrauchs-
standards, Anm. d. Verf.), dann sei die Gruppe derer, die sie nicht oder mangel haft
beherrschen, relativ klein. Werde der Standard nach einer schriftlichen Norm
definiert, sei das Gegenteil der Fall.
Eine andere Modellierung als die mit der Trias „Standard – Umgangs-
sprache – Dialekt“ besteht darin, die österreichische Sprachsituation als eine
Diglossie zu fassen, wie dies Muhr vorschlägt (2013, 1997).32 Demnach weise der
32 Rudolf Muhr schreibt Österreichisches Deutsch im Übrigen mit großem Anfangsbuchstaben,
da er österreichisches Deutsch als Eigennamen interpretiert (Muhr 2013).
Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256