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anschaut, eigentlich frogt, woher kumman sie, w::elcher liebe Gott hat des gsogt, dass
ein/ eine Erzählung im Präteritum sein MUSS? (F9, 751)
Diese widersprüchliche Diskussion bildet unseres Erachtens den Alltag der Lehre-
rInnen als normsetzende Instanzen treffend ab: Den heimischen Lehrkräften sind
vage Normen vorgegeben (auf den Kodex, der in Österreich eher schwach doku-
mentiert ist, wird übrigens nie Bezug genommen), die zum Teil in Widerspruch
zur Gebrauchsnorm und zur Sprachrealität stehen. An diesen vagen Normen
können sich die LehrerInnen nur bis zu einem gewissen Grad orientieren
– viel-
fach müssen sie ihre Rolle als normsetzende Instanz „auf eigene Faust“ wahrneh-
men und die schwammigen Normen quasi nach bestem Wissen und Gewissen
eigenverantwortlich anwenden. Wie gehen LehrerInnen aber behelfsmäßig mit
der regulatorischen Lücke zwischen Gebrauchsnorm und kodifizierter präskrip-
tiver Norm um?
Die Frage, an welchen Normen sich die in den Interviews befragten Lehrper-
sonen orientieren und welche Kodices sie bei der Korrektur bevorzugen, ergab,
dass die Mehrheit der LehrerInnen sowohl im Österreichischen Wörterbuch
als auch im Duden nachschlagen. Einige LehrerInnen sagten, dass sie nur den
Duden oder nur das Österreichische Wörterbuch benutzen würden, wobei es in
etwa gleich viele waren, die das eine oder das andere Nachschlagwerk bevorzugt
haben. Manche gaben für ihre Präferenz auch eine Begründung an, wie dieser
Lehrer aus Tirol (MT3):
Ah am schnellsten zugänglich is das österreichische Wörterbuch. Des mit hinten den
…
ah
… Appendix für die Rechtschreibregeln und so weiter, jo des is/ hat/bei uns hat jeder
das österreichische Wörterbuch, das is natürlich als Unterrichtsmaterial dann sehr super.
Eine Lehrerin aus Salzburg (FSa2), die aus Deutschland stammt, favorisierte
wiederum den Duden:
Da orientier ich mich eigentlich immer (und) ehrlich gesagt auch (nur) online, ja,
weil da is/find ich SUPER, da stehn dann schon immer Synonyme und die genaue
BEDEUTUNG und äh irgendwelche grammatikalischen Phänomene, ja.
Auch ein Lehrer aus Salzburg (MSa4) plädierte ganz klar für den Österreich-
Duden:
Und da is für mi der Duden irgendwie schon die Norm. Diese ÖSTERREICH- Ausgabe.
Die Österreich- Ausgabe des Dudens, an der orientier ich mich jetzt, i man, wenn die
Schüler den Duden haben, natürlich is des für mi a die Norm jetzt hier an der Schule.
Oba, wenns des österreichische Wörterbuch is, i hob da jetzt keine/keine Berührungs-
ängste, weder mit dem einen noch mit dem andern. Der Duden is halt größer, dicker,
umfassender … es is halt einfach, der Duden is der Duden.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen178
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256