Page - 196 - in Österreichisches Deutsch macht Schule - Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Image of the Page - 196 -
Text of the Page - 196 -
Deutschlandismen- Verwendung unter den SchülerInnen zeigte sich ein statis-
tisch hochsignifikanter Zusammenhang abhängig von der Nutzung bestimmter
TV-Kanäle (p = 0,000). SchülerInnen, die angaben, aktuell nur deutsche Kanäle
zu schauen, wählten statistisch signifikant häufiger Deutschlandismen als Schüle-
rInnen, die angaben, nur österreichische Fernsehkanäle zu sehen.
bb. 80
bb. 81 51
40 47
44
49 60
53 56
0
10
20
30
40
50
60
70
nur österreichische TV-
Kanäle nur deutsche TV-Kanäle gemischte TV-Kanäle nur anderssprachige TV-
Kanäle
SchülerInnen: TV-Konsum und Präferenz von
Deutschlandismen und Austriazismen (in %)
Austriazismen bevorzugt Deutschlandismen bevorzugt
51,2 84,7
61
3,2 0 29,7
42,6
15,3 35,2 40,8
3,8 58,2
6,2
0 3,8 56,1 96,2
12,1
0
20
40
60
80
100
Di
ale
kt
e
Um
ga
ng ss pr
ac he
ös
te rre ich
isc
h g
ep
rä
gt
es St
an
da
rd
de ut
sc h
bu
nd
es de
ut
sc h g ep
rä
gt
es …
sc hw
eiz
er isc h g ep
rä
gt
es St
an
da
rd
de ut
sc h
an
de
re H
er
ku
nf tss
pr ac
he n a
ls De ut
sc h
Aus Sicht der LehrerInnen: Herkunftssprachen und Varietäten der
SchülerInnen
viel
wenig
gar nicht
Abb. 79: SchülerInnen: TV-Konsum und Präferenz von Deutschlandismen und Austriazismen (in %)
Dass sich die altersspezifisch unterschiedliche Verwendung von Austriazismen/
Deutschlandismen nicht konfliktfrei abspi lt, z igen mehrere Passagen in unseren
Gruppendiskussionen. Sie bestätigen damit ältere Erhebungen, die am Institut
für Sprachwissenschaft der Universität Wien 1995 und 2005 im Rahmen von zwei
Projekten zur diskursiven Konstruktion österreichischer Identitäten durchgeführt
wurden (Wodak/de Cillia et al.
1998; de Cillia 2009, s. u.). Insbesondere der Gruß
Tschüss wurde in diesem Zusammenhang immer wieder thematisiert. So z. B. i
einer Gruppendiskussion im Burgenland im Jahr 1995, wo eine Teilnehmerin
gemeint hat: (F3) „[…] komischaweise es tut mir weh. i find des is a scheußliches
Wort“. Worauf eine Burgenlandkroatin so reagiert hat:
(F1) Mir tut’s auch sehr weh. Jo: aba mir tut’s nicht wegn dem Deutschn weh. Mir tut’s
wegn dem Kroatischen weh. Wonn i dauernd hör Tschüß und Tschüß und Tschüß.
Natürlich unsre Kinda redn mit dir Kroatisch und sogn donn Tschüß. Und wenn dann
die Bosnier gekommen sind die Flüchtlingskinda dann hat’s geheißn Tschi:s. Is aus
dem Tschüß das Tschi:s gwordn. (Wodak/de Cillia et al. 1998, 360)
Im Jahr 2005 b richtete ein Schüler in einer Gruppendiskussion, sein Opa reagiere
gereizt darauf, wenn zu ihm jemand Tschüss sage: „Wenn irgendwer zu ihm Tschüss
sagt, dann sagt er, das/ das heißt ned Tschüss, oder irgend so was. Das regt mich
auf, weil man soll sich verabschieden können wie man will.“ Ähnlich ist es dieser
Schülerin ergangen: „Ja, mein Vater regt sich auch auf. Ja, mein Vater sagt das
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen196
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256