Page - 203 - in Österreichisches Deutsch macht Schule - Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Image of the Page - 203 -
Text of the Page - 203 -
Im Unterricht ist das Deutsch sicher mehr an der – unter Anführungszeichen <Stan-
dardsprache (lachend)>, über die man jetzt streiten kann, orientiert, … im/im Pri-
vaten sicher mehr am – wieder unter Anführungszeichen, Österreichischen. Aber
man bemüht sich als Lehrer schon, verstärkt im Unterricht ahm Dinge, die man als
umgangssprachlich wahrnimmt, nicht SO stark zu verwenden.
Der hier zitierte Lehrer distanziert sich vom Ausdruck „Standardsprache“ durch
Lachen und mit den Fingern in der Luft gesetzten „Anführungszeichen“, sowie die
Erwähnung, dass man darüber streiten könne. Weiters stellt er den Begriff „Stan-
dardsprache“ dem „Österreichischen“ gegenüber. Diesem „Österreichischen“, das
er im privaten Umfeld verwendet, stellt er schließlich wieder die Sprache gegen-
über, die er im Unterricht verwendet und in der scheinbar umgangssprachliche
Elemente vorhanden sind, die er aber gleichzeitig zu vermeiden sucht.
Auch in der Gruppendiskussion der SchülerInnen wurde nach dem Sprach-
gebrauch im Unterricht gefragt: „Wenn Sie an Ihren Unterricht denken, in
welchen Situationen verwenden Ihre LehrerInnen Standardsprache, in welchen
Dialekt? Und Sie selbst?“ Interessanterweise bezogen sich die Diskussions-
beiträge fast ausschließlich auf die Sprachverwendung der LehrerInnen, die
eigene Sprachverwendung wurde von den SchülerInnen kaum thematisiert:
„Wenn man Schularbeiten schreibt, dann halt das richtige Deutsch, das/ keine
Umgangssprache ist“. (F6). Dabei wird die Persönlichkeit der Lehrperson als
wichtiger Einflussfaktor wahrgenommen: LehrerIn X würde „Hochdeutsch“
reden, LehrerIn Y nur im Dialekt, „Manche können auch nicht Hochdeutsch
so richtig.“ (F11). F6 meint:
Ich denk mal, das kommt auch ganz auf den Lehrer an. Ahm da gibts so Lehrer, die
benutzen auch so Wörter zum Beispiel statt hässlich schiach. Ahm. Oder statt Bonbon
Zuckerl. Sowas halt. Und dann gibts da wieder Lehrer, die benutzen ziemlich hoch-
gestochenes Deutsch.
Zu hören war auch, dass manche LehrerInnen sogar im Unterricht „Dialekt“ spre-
chen würden, was die kanadische Austauschschülerin als problematisch erlebt
hat: „Weil ahm zum Beispiel unser (Unterrichtsfach)Lehrer, ja er redet Dialekt
--- und -- ich versteh’s fast nicht.“ (F7). F3 bestätigt, dass der betreffende Lehrer
„Dialekt verwendet“. Ob die Lehrperson aus der Stadt oder vom Land kommt,
spielt nach Ansicht der SchülerInnen ebenfalls eine Rolle: „Wenn der jetzt irgend-
wie vom Land, von der Steiermark kommt, und da aufgewachsen ist, is es klar,
dass er halt teilweise die Begriffe so sagt, so wie er halt damit aufgewachsen is.“
(F3). Interessant auch die Wahrnehmung einiger SchülerInnen, die LehrerInnen
würden privat Dialekt reden und müssten „sich bemühen“, um „Hochdeutsch“
zu reden, wie im folgenden Beispiel: Dialekt
– Umgangssprache – Standard?
| 203
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256