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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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eigene Arbeit“ so „bereitwillig weiterverbreitet hat“,50 ohne sie im Zuge dessen durch eine entschiedene Gegendarstellung einzuhegen und zu entkrĂ€ften. In der ausfĂŒhrlichen Einleitung des Bandes begrĂŒndet Reich-Ranicki seine Ent- scheidung folgendermaßen: Ein Gebot der Fairness schien es mir daher, diese Sammlung, die achtzehn Verrisse enthĂ€lt, mit einem Verriß meiner eigenen Arbeit abzuschließen: Ich habe (wenn auch nicht ohne Überwindung) den schĂ€rfsten und radikalsten ausgewĂ€hlt, den ich finden konnte. Peter Handke und dem Suhrkamp-Verlag sei fĂŒr die Abdruck-Genehmigung bestens gedankt.51 Noch in seiner 1999 erschienenen Autobiographie Mein Leben hat Reich- Ranicki die Aufnahme von Handkes „schĂ€rfste[r] und radikalste[r] kritische[r] Ver- urteilung meiner eigenen Arbeit“ in den Band Lauter Verrisse als „Beitrag zum GesprĂ€ch ĂŒber deutsche Literatur und Kritik in jenen Jahren“ bezeichnet.52 Eine Deutung, wonach „Reich-Ranickis Feindschaft“ gegenĂŒber Handke auf dessen „Satire ĂŒber das naive Realismus- und NatĂŒrlichkeitsgetue des Starkritikers zurĂŒck[gehe]“,53 verschreibt sich vor diesem Hintergrund zu stark der Perspektive des Schriftstellers, obschon das vermeintliche Diskussionsangebot des ‚Großkriti- kers‘ hier wohl zuallererst dessen souverĂ€ne Position der StĂ€rke demonstrieren sollte: Nur wer sich seiner Sache ausreichend sicher ist, lĂ€sst seinen Wider sacher auf diese Weise als Gegenstimme zu Wort kommen. An Selbstbewusstsein man- gelte es dem Kritiker jedenfalls nicht. Zuletzt ist auch folgendes Detail in Lauter Verrisse zu erwĂ€hnen, das ein etwas anderes Licht auf die ‚Bereitwilligkeit‘ des Kritikers wirft: Im Dezember 1967 hatte Reich-Ranicki in einer Rezension von Martin Walsers Die Zimmerschlacht angemerkt, Walser habe „jene Konsequenz gefehlt, die man einem BĂŒhnenautor wie Peter Handke nicht absprechen kann“, was man mit einigem guten Willen als positive Resonanz auf Handkes Theaterarbeiten deuten kann.54 Im Wieder- abdruck der Besprechung von 1970 jedoch ergĂ€nzte der Kritiker die Passage um eine Parenthese, die die Distanz zu Handke betont: Walser habe „jene Konse- quenz gefehlt“, heißt es nun, „die man einem BĂŒhnenautor wie Peter Handke, was immer man von seinen Arbeiten denken mag, nicht absprechen kann“.55 50 Wittstock: Marcel Reich-Ranicki (Anm.  15), S.  250 f. 51 Marcel Reich-Ranicki: Nicht nur in eigener Sache. Bemerkungen ĂŒber Literaturkritik in Deutsch- land. In: M. R.-R.: Lauter Verrisse (Anm.  49), S.  7 – 45, hier S.  45. 52 Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben. Stuttgart: DVA 31999, S.  444. 53 Höller: Peter Handke (Anm.  28), S.  45 f. 54 Marcel Reich-Ranicki: War es ein Mord? Martin Walsers Zimmerschlacht in MĂŒnchen insze- niert von Fritz Kortner. In: DIE ZEIT, Nr.  50, 15. 12. 1967. 55 Reich-Ranicki: Lauter Verrisse (Anm.  49), S.  146. „Mein Feind in Deutschland“: Peter Handke vs. Marcel Reich-Ranicki154 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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