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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Page - 250 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik

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Gattungen und Kunstsparten, zwischen Theorie und Praxis, zwischen Kunst und Lebenswelt, zwischen Inhalt und Form, das durch doppelte Ausrufungszeichen bekrĂ€ftigt wird, verweist in diesem fĂŒr die Ästhetik des frĂŒhen Handke ĂŒberaus aufschlussreichen Dokument nicht zuletzt auf Forderungen und Positionen der historischen Avantgarden. Im ersten ausfĂŒhrlichen Brief Handkes an Unseld, der das Projekt einer neuen Zeitschrift umreißt, werden Journalisten wie Ernst Wendt, Urs Jenny und Uwe Nettelbeck sowie der zu dieser Zeit noch fĂŒr Theater heute tĂ€tige, erst 24-jĂ€hrige Botho Strauß als mögliche Mitarbeiter genannt; der Name Helmut FĂ€rber fĂ€llt einstweilen noch nicht. In den folgenden Wochen und Monaten wurden unter intensiver Beteiligung Handkes Möglichkeiten „eine[r] andere[n] Art des Arti- kelschreibens“ 142 reflektiert, potentielle BeitrĂ€ger angefragt und in den Diskus- sionsprozess einbezogen. Auch an FĂ€rber wandte Handke sich nun mit der Frage, ob er „grundsĂ€tzlich Lust“ habe, „Sachen, Filme, die Sie reizen, in einer möglich [sic] nicht genormten Form, nicht in der ĂŒblichen Kritikform zu beschreiben. Ich schreibe Ihnen deswegen, weil ich von Ihrer Art, Filme ohne Normbilder von Filmen zu sehen und zu schildern, oft ziemlich beeindruckt bin.“ 143 Die Vorbe- reitungen einer „neue[n], neuartige[n] Zeitschrift“ 144 gerieten in der Folge, wohl auch aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Beteiligten,145 ins Stocken: „An die Zeitschrift denke ich, allerdings fĂŒhle ich mich dabei ein bißchen isoliert und mutlos“, schreibt Handke am 21.  Juli 1969 an Unseld;146 und etwa zweieinhalb Monate spĂ€ter: „Es mĂŒĂŸte halt jetzt einer kommen, der das Projekt wirklich heftig angeht und sonst wenig im Sinn hat, sodaß er nicht abgelenkt wird.“ 147 Dass das Zeitschriftenprojekt schließlich scheiterte und auch nicht in anderer Form reali- siert wurde,148 ist wohl auf die divergierenden Konzepte der beteiligten Akteure, 142 Handke an Unseld, 29. 3. 1969. In: ebd., S.  111. 143 Handke an FĂ€rber, 22. 3. 1969. Zit. nach ebd., S.  113, Anm.  1 (Herv. H. G.).  – Vgl. dazu Handke an Unseld, 17. 4. 1969. In: ebd., S.  117: „Wegen der Zeitschrift habe ich vier Leuten geschrieben, Urs Jenny hat noch nicht geantwortet, dafĂŒr aber außer Herrn [Herbert] Linder noch Helmut FĂ€rber und Siegfried Schober, die beide in der ‚SĂŒddeutschen Zeitung‘ und in der ‚Filmkritik‘ schreiben. Beide interessieren sich recht sehr fĂŒr das Vorhaben.“  – Im Siegfried-Unseld-Archiv im DLA Marbach hat sich im Briefwechsel zwischen JĂŒrgen Becker und dem Suhrkamp Verlag eine dreiseitige Skizze FĂ€rbers „Gegen und fĂŒr eine noch nicht existierende Zeitschrift“, die auf den 31. 7. 1969 datiert ist, erhalten, die fĂŒr die vorliegende Arbeit jedoch nicht eingesehen werden konnte. 144 Handke an Unseld, 2. 5. 1969. In: Handke/Unseld: Der Briefwechsel (Anm.  1), S.  122. 145 Siehe dazu Unseld: Reisebericht MĂŒnchen, 11. – 13.  Juli 1969. In: ebd., S.  123 f. 146 Handke an Unseld, 21. 7. 1969. In: ebd., S.  127. 147 Handke an Unseld, 3. 10. 1969. In: ebd., S.  140. 148 Vgl. dazu auch die vom ursprĂŒnglichen Plan abweichenden Überlegungen, „eine eigene neue Zeitschrift [zu] machen  [
], fĂŒr Ästhetik“, in Handkes Brief an Unseld vom 19. 12. 1969. In: ebd., S.  157. Peter Handkes Gegenmodelle zur zeitgenössischen Literaturkritik250 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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