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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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im Zuge seiner Arbeit fĂŒr das Demokratische Volksblatt fĂŒr die Belange junger, am oder unter dem Existenzminimum lebender Schriftsteller ein,81 so etwa im vorweihnachtlich getönten Artikel BĂŒcher warten auf dich! vom 29.  November 1952: „BeglĂŒckend ist, daß es die junge österreichische Literatur gibt“, heißt es dort. „Sie ist da, in einer unglaublichen Mannigfaltigkeit. Aber sie will, wie alles in der Welt, gehegt und gepflegt werden.“ (TBW 22.1, 89 f.) Vier Monate spĂ€ter formulierte Bernhard auf der eigens dafĂŒr eingerichteten „Seite unserer Jugend“ erneut eine Apologie seiner Generation. Mit seinem unkonkreten und zur Phrase neigenden Pathos ist das Die Kultur ist nicht stehen geblieben! ĂŒbertitelte Feuille- ton charakteristisch fĂŒr den Stil des jungen Journalisten: Die Jugend hat nicht geschlafen! Sie hat gearbeitet und arbeitet mehr denn je. Sie hat es nicht leicht, sie muß einen harten, unerbittlichen Kampf ausstehen und durchhalten. Sie muß Herr werden ĂŒber den DĂŒnkel, der die Menschen beherrscht, die Ich-Sucht und das UnverstĂ€ndnis gegenĂŒber der neuen Zeit. (TBW 22.1, 142) Bernhards wiederholte Klage ĂŒber die VernachlĂ€ssigung jĂŒngerer Autorinnen und Autoren bleibt weitgehend unspezifisch, weil er in den einschlĂ€gigen Bei- trĂ€gen meist keine konkreten Namen von förderungswĂŒrdigen und -bedĂŒrftigen Schriftstellern nennt, und sie geht zudem kaum auf Kosten der Literatur der Ă€lteren Generation. Ein Aufbegehren gegen den konservativ-restaurativen Main- stream im Salzburger Kulturbetrieb der Nachkriegszeit wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Hatte er am 30.  Januar 1952 mit dem frĂŒhverstorbenen Rudolf Kasparek einen WeggefĂ€hrten und Freund seines Großvaters als „eigenwillige Dichterpersönlichkeit“ ist. Ich wĂŒrde nie einem jungen KĂŒnstler zehn Schilling geben; gar nichts. Der soll hinaus, und entweder wird er oder nicht. Ich hab’s ja auch so g’macht.  [
] Ein Schriftsteller, der nur aus sich selber heraus lebt, arbeiten muß, der wird auch was leisten. Aber wenn er weiß, ich brauch’ eh nichts tun, weil am Ersten kommt die Rente vom Ministerium oder irgendein Ren- tenzuschuß  – das ist doch alles furchtbar.“ (TBW 22.2, 270) Vgl. auch Bernhards Kommentar zu seinem Austritt aus der Deutschen Akademie fĂŒr Sprache und Dichtung im Dezember 1979, in dem er sich ebenfalls gegen den „Subventionsdampf“ wendet, der „zum Himmel stinkt“ (TBW 22.1, 662). Dass Bernhard selbst im Laufe seiner schriftstellerischen Karriere von Zuwendungen durch öffentliche Stellen profitiert hat, verschweigt er indes geflissentlich: „Die Leugnung“ sei, so Honegger: Thomas Bernhard (Anm.  71), S.  97 f., „derart unverschĂ€mt, dass er sich damit keines wegs von den anderen absetzt, sondern im Gegenteil sich selbst in ihren Heucheleien und SelbsttĂ€uschungen mit einzubeziehen scheint  [
]. Sein Zorn mag sich wohl auch am Selbsterkennen, um nicht zu sagen Selbsthass entzĂŒndet haben.“ 81 Zu Bernhards „Engagement fĂŒr Dichterkolleg/innen der jungen Generation“ vgl. auch Janner: Der Tod im Text (Anm.  9), S.  116, zum literaturgeschichtlichen Kontext dieser Thematik das Kapitel „Das Problem mit der Jugend“ in Polt-Heinzl: Die grauen Jahre (Anm.  3), S.  69 – 78, zu Bernhard bes. S.  75 f. Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 295 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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