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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Erich Landgrebe herausgegebene Band Dichtung aus Salzburg Bernhard im alpha- betischen Inhaltsverzeichnis zwischen Rudolf Bayr und Erna Blaas,151 ist in ihm ein Beitrag von Karl Heinrich Waggerl ebenso enthalten wie zwei Texte des erst 1943 geborenen Bodo Hell, der in diesem Jahr den Rauriser Literaturpreis erhielt. FĂŒr das charakteristische Nebeneinander von politisch belasteten Autoren einer Ă€lteren und aufstrebenden Schriftstellern einer neuen Generation gibt der Salzburger Otto MĂŒller Verlag ein anschauliches Beispiel ab. Obschon dessen GrĂŒnder und Leiter Otto MĂŒller im Dritten Reich politisch verfolgt worden war, nahm er bald nach dem Krieg prominente Autoren des NS-Kulturbetriebs wie Karl Heinrich Waggerl wieder in sein Verlagsprogramm auf und publizierte bereits 1948 Hans Sedlmayrs modernekritische Streitschrift Verlust der Mitte.152 1956 erschien bei Otto MĂŒller sowohl Gerhard Fritschs Moos auf den Steinen als auch der letzte Band der von Josef Nadler seit 1953 edierten Weinheber-Werkaus- gabe. Im MĂŒnchner Merkur rezensierte Bernhard am 16.  Februar 1955 die ersten vier BĂ€nde der Ausgabe, deren Herausgeber Nadler  – ein zentraler Akteur der völkischen Germanistik 153  – er zur „aufrechte[n] Arbeit“ gratuliert (TBW 22.1, 401). In seiner Besprechung liest man den zeittypischen, im Kontrast zu spĂ€teren Bernhard-Texten jedoch erstaunlichen Satz: „Und darum sei ĂŒber den Menschen, ĂŒber die brennende hilfesuchende Glut, Verzeihen gebreitet, denn jeder hat not- wendig, einen Teil wenigstens vergessen zu bekommen.“ (TBW 22.1, 399)154 Mehr als zwei Jahrzehnte spĂ€ter wird Bernhard in Meine Preise Weinheber, gemeinsam mit Anton Wildgans, beilĂ€ufig als „Wiener Vorstadt-Hölderlin“ bezeichnen, in dem die spezifisch österreichische „dilettantische Auffassung von Dichtung  [
] ihr Ideal gefunden“ habe (TBW 22.2, 422). Von seiner einstigen Begeisterung fĂŒr ein Werk, das sich  – wie es im MĂŒnchner Merkur heißt  – durch „GemĂŒt und Österreichertum und Deutschtum“ gleichermaßen auszeichne (TBW 22.1, 399), ist hier nichts mehr zu lesen. Literaturbetrieb in der ‚Ostmark‘ (1938 – 1945). Vermessungen eines unerforschten Gebietes. In: K. A.: Die Dichter und die Politik (Anm.  132), S.  113 – 128, hier S.  120 f., zufolge war Brehm der am hĂ€ufigsten in nationalsozialistischen Empfehlungslisten fĂŒr Literatur genannte öster- reichische Autor. 151 Vgl. Dichtung aus Salzburg. Hg. v. Erich Landgrebe. Wien: Kremayr & Scheriau 1972, S.  215 – 217. 152 Vgl. Holl: Literaturgeschichte Salzburgs (Anm.  92), S.  680 f. 153 Vgl. Kerschbaumer: Der kalte Krieg gegen die Moderne (Anm.  35), S.  121: „Nadler, der 1945 außer Dienst gestellt worden war, entwickelte sich zu einer Leit- und Identifikationsfigur fĂŒr das sich neu formierende politische Lager aus ehemaligen Nationalsozialisten, Großdeutschen und Feigenblattliberalen, fĂŒr den Verband der UnabhĂ€ngigen.“ Vgl. dazu auch Polt-Heinzl: Die grauen Jahre (Anm.  3), S.  49 – 51. 154 Es ist jedoch anzumerken, dass die von Josef Nadler und Hedwig Weinheber, der Witwe des Autors, betreute Werkausgabe „alle politisch kompromittierenden Gedichte vorsorglich nicht enthielt“ (Polt-Heinzl: Thomas Bernhard betritt die Wiener Szene [Anm.  66], S.  59). Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 313 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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