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sen und damit auch diesbezügliche Änderungen in den Überzeugungen der Pro-
banden festzustellen. Maggioni u. a. gehen dabei (aufbauend auf Arbeiten von
King/Kitchener127, Kuhn/Weinstock128 und Lee/Shemilt129) von drei Entwick-
lungsstufen von Überzeugungen zu Geschichte aus. Diese drei Entwicklungs-
stufen innerhalb einer linearen Entwicklungslogik von wenig reflektiert bis re-
flektiert sind die folgenden:
1. Copier stance,
2. Borrower stance,
3. Criterialist stance.
Auf der ersten Entwicklungsstufe „copier stance“ können Menschen keinen Un-
terschied zwischen der Vergangenheit und der Geschichte erkennen. Geschich-
te bildet demnach die Vergangenheit positivistisch ab: „We termed the epistemic
stance underlying this view the copier stance, to emphasize that the historian was
perceived as a transparent (and thus faithful) conduit of the past.“130 Auf der
zweiten Entwicklungsstufe „borrower stance“ entsteht die Einsicht, dass die
meisten Quellen, die uns etwas von der Vergangenheit berichten, von Menschen
beeinflusst und damit verzerrt sind. Daher wird die Möglichkeit der „Wahrhaf-
tigkeit“ von historischen Darstellungen bezweifelt und eine eigene Version der
Geschichte hergestellt, „to paint a vision of the past by putting together the best,
most convincing pieces of testimonies from different witnesses“131. Geschichte
wird dabei vollständig relativ und hat nichts mehr mit Wissenschaft zu tun:
„We named the epistemic stance underlying this idea of evidence the borrower
stance to highlight that individuals tend to borrow their story from accounts or
pieces of accounts on the basis of instinctive preferences or casual selections.“132
In dieser Stufe haben Menschen noch kein Bewusstsein über die Prozesse, mit
denen Historiker/innen Quellen als Evidenzen zu historischen Darstellungen
127 Vgl. King, Patricia/Kitchener, Karen (2002): The Reflective Judgment Model: Twenty
years of research on epistemic cognition. In: Hofer, Barbara/Pintrich, Paul (Hg.): Perso-
nal epistemology: The psychology of beliefs about knowledge and knowing. Mahwah,
NJ: Lawrence Erlbaum Associates, S. 37 – 61.
128 Kuhn/Weinstock 2002.
129 Vgl. Lee, Peter/Shemilt, Dennis (2003): A scaffold, not a cage: Progression and progres-
sion models in history. In: Teaching History, 113, S. 13 – 24.
130 Maggioni u. a. 2009, S. 194.
131 Ebd.
132 Ebd.
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Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277