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„Die Etablierung einer solchen neutralen, jenseits der Lehrer- und der Schülerrol-
le angesiedelten Beobachterrolle im Unterricht ist nicht ganz einfach, insofern sie
normalerweise nicht vorgesehen ist und von manchen Lehrpersonen auch als be-
drohlich empfunden wird.“345
Um das damit zusammenhängende Potenzial einer Bedrohungswahrnehmung
zu minimieren, muss die eigene Rolle im Vorfeld und im Verlauf des Feldaufent-
halts stets reflektiert werden. Bogner u. a. nennen im Zusammenhang mit Ex-
perteninterviews folgende mögliche Wahrnehmungen vonseiten der interview-
ten Person in Bezug auf die Rolle des Interviewers, die in der Folge ausgeführt
werden sollen:346
1. Interviewer als Co-Experte,
2. Interviewer als Laie,
3. Interviewer als potenzieller Kritiker bzw. Evaluator und
4. Interviewer als Komplize.
Üblicherweise wird in der Literatur im Zusammenhang mit dem Expertenin-
terview empfohlen, die eigene Rolle als die eines „Co-Experten“ zu definieren,
da dies für die Gesprächsführung am fruchtbarsten sei.347 In einer solchen Wahr-
nehmung wird der Interviewer als gleichberechtigter Partner angesehen, mit
dem die interviewten Expertinnen und Experten Wissen und Informationen
austauschen und ein anregendes Gespräch führen können. Im Unterschied zum
narrativen Interview, in welchem fast nur die interviewte Person spricht und der
Interviewer sich gänzlich zurückhält, soll sich im Experteninterview der Inter-
viewer als Co-Experte einbringen und Erfahrungen teilen, welche das Gespräch
anzuregen imstande sind. Immer darauf achtend, dass die interviewte Person
nicht in den Themen, in denen sie zum Reden gebracht werden soll, beeinflusst
wird, ist es sogar erlaubt, provokante Thesen zu formulieren und um eine Stel-
lungnahme zu bitten. Experte und Co-Experte greifen auf gemeinsam geteil-
te Wissensbestände zurück, die im Detail nicht jedes Mal expliziert werden
müssen.
Es kann allerdings auch vorkommen, dass der Expertenstatus des For-
schers/der Forscherin überbewertet wird. Dann wird dem Interviewer/der In-
terviewerin als fachliche „Autorität“ begegnet, die aufgrund der Position als
345 Breidenstein 2012, S. 31.
346 Vgl. Bogner u. a. 2014, S. 52 – 54.
347 Vgl. Kaiser 2014, S.
54; Bogner u. a. 2014, S. 53.
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Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277