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Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
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107 Rolle eines Kritikers sollte während des Interviews auf keinen Fall eingenom- men werden. Qualitative Studien zielen prinzipiell auf das Verstehen der Subjekte ab und daher sollte auch später die Publikation immer Verständnis für die Interviewten bei der Leserin oder beim Leser hervorrufen.352 Wem es daher um eine Abrech- nung mit der Lehrerschaft geht, sollte dafür keine qualitativen Methoden miss- brauchen. Das wäre 1. ein massiver Vertrauensbruch und würde 2. für die Ak- zeptanz zukünftiger qualitativer Studien in Schulen nicht förderlich sein. „Der Beobachter hat sich immer so zu verhalten, dass weitere und zukünftige Beob- achtungen möglich erscheinen.“353 Im Verlauf der CAOHT/EBAHT-Studie machte es das Prinzip der Offenheit auch notwendig, das normative didaktische Gebäude, innerhalb dessen wir als Geschichtsdidaktiker dachten, zu verlassen („Relativierung der eigenen kulturellen Selbstverständlichkeiten“354). Es muss gesagt werden dürfen, dass das Abprüfen von Daten und Fakten das Wichtigs- te im Geschichtsunterricht ist oder dass das kritische Hinterfragen überhaupt keine Rolle spielt (was beides im Rahmen der Interviews vorgekommen ist), oh- ne dass die interviewende Person in einer bewertenden Weise darauf reagiert. Die Stärke qualitativer Settings  – und das unterscheidet sie u. a. auch von quan- titativen Erhebungsverfahren  – liegt darin, hypothetisch nicht erwartete Verhal- tensweisen und Meinungsäußerungen zu erfassen, die zu weiteren und tieferen Erkenntnissen führen können.355 In einem Interview meinte ein Lehrer: „Ge- schichte ist meiner Meinung auch Identitäts- und sozusagen, Nationenbildung. Oder Nationalismusbildung.“ Auch wenn man als Forscher/in diese Meinung nicht teilt, darf dies für die interviewte Person in keiner Weise ersichtlich wer- den. Es bedarf einer ständigen Aktualisierung des Bewusstseins, dass man nicht ins Feld geht, um zu belehren oder zu kritisieren, sondern um zu lernen und um zu verstehen. Auch, und mit dem eben Gesagten zusammenhängend, kann die Rolle des Beobachters und Interviewers als Evaluator im Schulwesen eine Rolle spielen. In der Ausbildung zur Lehrperson werden beobachtete Unterrichtsstunden des Öfteren evaluativ ausgewertet. Der Evaluator erscheint als machtvolle Person, deren Einschätzung und Bewertung relevante Folgen für die Befragten hat. For- 352 Lamnek 2010, S.  562. 353 Ebd., S.  544. 354 Mayntz, Renate/Holm, Kurt/Hübner, Peter (1974): Einführung in die Methoden der empirischen Soziologie. Opladen: Westdeutscher Verlag, S.  88. 355 Vgl. Lamnek 2010, S.  519.
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Von PISA nach Wien Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
Titel
Von PISA nach Wien
Untertitel
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Autor
Roland Bernhard
Verlag
WOCHENSCHAU Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7344-1234-9
Abmessungen
14.8 x 21.0 cm
Seiten
284
Kategorie
Lehrbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. 1. Einleitung 9
  3. 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
    1. 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
    2. 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
    3. 2.3 Forschungsfragen 36
    4. 2.4 Literaturübersicht 38
    5. 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
    6. 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
    7. 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
  4. 3. Forschungsdesign und Methode 77
    1. 3.1 Empirische Zugangsweise 77
    2. 3.2 Qualitative Experteninterviews 81
    3. 3.3 Erstellung des Erhebungsinstruments 84
    4. 3.4 Stichprobe und Vorgehen bei der Datenerhebung 90
      1. 3.4.1 Stichprobe 90
      2. 3.4.2 Kontaktaufnahme 93
      3. 3.4.3 Methodologischer Exkurs: Geschichtsdidaktische qualitativ-empirische Feldforschung und das Problem des sozialerwünschten (Antwort-)Verhaltens 99
    5. 3.5 Vorgehen bei der Datenaufbereitung und -analyse 109
  5. 4. Ergebnisse 113
    1. 4.1 Kompetenzverständnis im Zusammenhang mit Geschichtsunterricht 114
      1. 4.1.1 Fachspezifisch vs. fachunspezifisch 114
      2. 4.1.2 Konstruktion des Kompetenzverständnissesdurch Lehrpersonen 144
    2. 4.2 Einstellungen zu (historischer) Kompetenzorientierung 161
      1. 4.2.1 Emotionale Nähe bzw. Ferne 162
      2. 4.2.2 Exkurs: Überprüfung der Intercoderübereinstimmung 165
      3. 4.2.3 Darstellung der Ergebnisse 170
    3. 4.3 Vorbehalte von Lehrpersonen gegenüber Kompetenzorientierungverstehen 173
      1. 4.3.1 Zusammenhang zwischen Fachspezifität und Sympathie 177
      2. 4.3.2 Kompetenzorientierung als „von oben verordnet“ 182
      3. 4.3.3 Historische Kompetenzorientierung und der PISA-Schock 191
      4. 4.3.4 Kompetenzen könnten das Wissen verdrängen 194
    4. 5. Auflistung und Zusammenfassung der Ergebnisse 205
  6. 6. Fazit 215
  7. 7. Literaturverzeichnis 233
  8. 8. Abbildungsverzeichnis 253
  9. 9. Tabellenverzeichnis 254
  10. 10. Abkürzungsverzeichnis 255
  11. 11. Personenverzeichnis 256
  12. Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
  13. Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277
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