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Es [Kompetenzorientierung] ist noch relativ frisch, glaube ich. Es ist ein
bisschen unbekannt, es ist noch nicht ganz klar, wohin die Reise damit ge-
hen kann, weil es einfach noch zu frisch ist, deswegen können sie noch nicht
sagen: Okay, das ist supergut dafür. Und sie müssen einfach wahrscheinlich
mehr hackeln402. Das ist persönlich meine Meinung, warum das so schlecht ist,
weil man eben wieder eine gewisse Dokumentation verlangt, einen gewissen Do-
kumentationsschritt mehr verlangt, als früher notwendig war.
Der Satz „Das ist persönlich meine Meinung, warum das so schlecht ist, weil
man eben wieder eine gewisse Dokumentation verlangt“ könnte paraphrasiert
werden mit: Lehrperson N20_m drückt ihre Überzeugung darüber aus, dass
Lehrpersonen oftmals eine negative Einstellung hinsichtlich Kompetenzorientie-
rung aufweisen, weil diese Kompetenzorientierung mehr Dokumentations-
pflichten und damit mehr Arbeit mit sich bringt. Codierer 2 hat diese Stelle al-
lerdings in dem Sinne gelesen, dass die Interviewperson hier den Grund anführt,
warum sie selbst Kompetenzorientierung „schlecht“ findet. Eine nochmalige ge-
meinsame Lektüre und ein Besprechen des Interviews führten zur gemeinsamen
Überzeugung, dass sich die Lesart 2 für die entsprechende Textstelle allerdings
nicht argumentieren lässt. Auch tritt an anderen Stellen im Interview eine eher
gemäßigt positive Haltung zutage.
I-N20_m: Also ich persönlich glaube, das hat seine Berechtigung, weil ich/aber
ich würde meinen Unterricht nicht gezielt auf das auslegen. Es passiert dann so-
wieso automatisch.
[…]
Dass man das versteht, weil das kann man eben in jedem Fach machen, aber
für Geschichte würde es ganz gut passen [Kompetenzen erwerben], weil man halt
da sehr viele Texte liest und sehr viel aus dem Text heraus ein Verständnis entwi-
ckeln kann und soll, ja. Und deswegen, das ist ein Beispiel dafür. Und auch die
Gruppenarbeiten, Referate, diese Sozialkompetenzen, dass man eben versucht,
da in einer Gruppe etwas zu schaffen, was gefragt war, eine Aufgabe zu lö-
sen, ja.
Nach Klärung dieses auf kulturelle Missverständnisse gründenden Problems hat
Codierer 2 seine Überzeugung kundgetan, dass er nun die Einstellung dieser
Lehrperson auch als „eher positiv“ einschätzen würde.
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Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277