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I-A1_f: Also, ich kann mich erinnern, voriges Jahr war ich für die Matura,
für die mündliche Geschichte-Matura, war ich bei so einem, […] bei halt,
wo wir uns alle getroffen haben, und über die Operatoren, und so, gespro-
chen haben, und da habe ich mir gedacht, das kann es doch jetzt nicht sein!
Da sitzen Kollegen, ja, so wie ich, die schon 20 Jahre oder was, Geschichte unter-
richten, und jetzt auf einmal fangen sie an, das irgendwie neu zu erfinden. Ich
habe dann gesagt, Leute, das haben wir ja eh schon immer gemacht, jetzt
nennen wir es halt Skizzieren und Beobachten, ja. Aber im Endeffekt, ich
verstehe das nicht, warum die sich da so schwertun.
I: Wer so schwertut?
B: Die Kollegen. Sowohl die Alten als auch die Jungen. Aber ich glaube, die Jun-
gen, die werden da ja eh schon in das hinein geleitet. Aber da schimpfen die,
bah bah, das ist ein Kompetenzending, und Operatoren, und da müssen wir/eige-
ne Listen sind da ja, welche Worte ich da jetzt verwende! Ja, um Gottes Willen!
Dann habe ich gesagt, stellt halt nicht mehr die W-F/wer, was, wann, wo,
wie und so, sondern nimmt man halt jetzt ein anderes Wort. Aber im Endef-
fekt, gemacht haben wir ja eh immer alle das schon so.
Lehrkraft N20_m empfindet in diesem Zusammenhang den Widerstand und
die häufig geäußerten Klagen gegenüber Kompetenzorientierung als „typisch
österreichisch“.410 Man würde Kompetenzorientierung deshalb kritisieren, weil
das Konzept neu sei, obwohl man es nicht vollständig ablehnen würde (dieses
Zitat wurde im Zusammenhang mit der Überprüfung der Intercoderüberein-
stimmung schon einmal angeführt. Es wird an dieser Stelle noch einmal ange-
führt, um inhaltliche Zusammenhänge zu verdeutlichen):
I-N20_m: Alles was eine Veränderung mit sich bringt, ist einmal von vorn-
herein schlecht, das ist so meine persönliche Erfahrung gerade im Schulbe-
ruf. Da die Lehrer, die sagen: Jetzt müssen wir das machen und das machen
und früher war das ganz anders. Das ist so das klassisch Österreichische: zuerst
einmal sudern411, weil wir es können und weil wir es immer schon gelernt haben.
I: Auf hohem Niveau natürlich.
410 Es ist ein weit verbreitetes Klischee, dass Österreicher und insbesondere Wiener einen
Hang zum Jammern über die Umstände aufweisen. Dieses Klischee wird hier von der
Lehrperson aufgegriffen.
411 Umgangssprachlich für „jammern“.
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Buch Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Titel
- Von PISA nach Wien
- Untertitel
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Autor
- Roland Bernhard
- Verlag
- WOCHENSCHAU Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Abmessungen
- 14.8 x 21.0 cm
- Seiten
- 284
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Überzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 Literaturübersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der Literaturübersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenÜberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der Literaturübersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. Abkürzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen für Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277