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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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49Methode und Konzepte den (im Sinne von einer objektiven Eigenschaft), sondern sie wird erst durch die Repräsentationen (etwa durch die nationalistischen Bezüge) erzeugt. In der Arbeit wird Identität dementsprechend nicht als Eigenschaft, son- dern als Ereignis (als situative Prozesse) begriffen. Sie drückt sich situativ und relativ in den konkreten Handlungen aus. Identität formiert sich wäh- rend und infolge der Konflikte, aber sie ist nicht die Ursache der Konflik- te.106 Insofern lagen den Konflikten nicht irgendwelche Identitätskollisionen zugrunde. Vielmehr formierten sich die Identitäten erst angesichts der Kon- flikt- und Gewaltmomente. Indem der Fokus dieser Arbeit nah an der loka- len Ebene angesetzt wird, lassen sich die Akteure jenseits ihrer (selbst-)pro- pagierten oder wahrgenommen »Gruppenzugehörigkeiten« beobachten  – als Menschen, die eigene, spezielle Interessen verfolgten. Dass dabei auch auf »Gruppen« Bezug genommen wurde, beweist nicht die Existenz dieser Gruppen, sondern die Vorstellungskraft einzelner Akteure.107 Identität ist also eine Selbst-Interpretation angesichts wechselnder Situationen.108 Somit lässt sich eine starke Fokussierung auf angeblich vorhandene, geschlossene Gruppen vermeiden: Einerseits sind die Gruppen (»Völker« usw.) nicht klar umreißbar und begrenzbar vorhanden. Gruppen (»Identitäten«) stellen viel- mehr Diskurse dar,109 mit denen die Elitenakteure wie etwa nationalistische Agitatoren aus den Städten Macht über andere Menschen beanspruchen können. Andererseits entstehen die Konflikte nicht zwischen unterschiedli- chen Gruppen, sondern immer zwischen konkreten Menschen.110 1.2.3 Gewalt In der Arbeit behandele ich Konfliktfälle, in denen verbale Beschimpfun- gen, Drohungen oder physische (handgreifliche) Gewalt vorkamen. Daher wird hier kurz erläutert, was in der Arbeit unter Gewalt verstanden wird. Gewalt ist ein Phänomen, dessen Bedeutung für historische Prozesse nicht 106 Doug McAdam  u. a., Dynamics of Contention, Cambridge 2004, S.  141. 107 Auch die Nation entsteht als Gruppe infolge von solchen Vorstellungen; vgl. Ander- son, Imagined Communities, S.  6f.; Brubaker stellt jedenfalls infrage, ob die Natio- nen überhaupt Gruppen wären  – er sieht die Imagination nicht nur bei der »Geburt« der Nation maßgebend, sondern auch in ihrer Existenz; vgl. Rogers Brubaker, Eth- nicity without Groups, Cambridge 2004, S.  11. 108 Bernd Simon / Amélie Mummendey, Selbst, Identität und Gruppe. Eine sozialpsy- chologische Analyse des Verhältnisses von Individuum und Gruppe, in: Dies. (Hg.), Identität und Verschiedenheit. Zur Sozialpsychologie der Identität in komplexen Gesellschaften, Bern 1997, S.  11–38, hier S.  21. 109 Ruth Wodak  u. a., Zur diskursiven Konstruktion nationaler Identität, Frank- furt a. M. 1998, S.  61. 110 Zu diesem Verständnis siehe Brubaker, Ethnicity without Groups, S.  10ff.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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