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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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126 Österreichisches Küstenland versuchte sie gleichzeitig, besonders unter dem Triestiner Bischof Franz Xaver Nagl, die lokalen Partikularitäten bezüglich religiöser Rituale, Prakti- ken (usw.) zu verdrängen, was ebenso zu Konflikten führen konnte. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest Ein junger, slowenischsprachiger Priester wurde im Herbst 1906 in ein win- ziges Dorf unweit der österreichischen Adriametropole Triest entsandt, um die dortige aufbegehrende Bevölkerung zu beruhigen und mit der katholi- schen Kirche zu versöhnen. Was er aber an Weihnachten diesen Jahres erle- ben musste, übertraf sogar seine schlimmsten Befürchtungen. Jakob Ukmar wollte alle Häuser in Ricmanje167 und im benachbarten Log besuchen: In den meisten Familien stieß er auf Ablehnung. Mal wurde er als »hässlicher Zigeuner«, mal als »Teufel« beschimpft. In einigen Häusern schlugen die Menschen die Türe zu: Sie hätten keinen katholischen Priester gebraucht, weil »ein orthodoxer Geistlicher uns segnen kommt«.168 Don Ukmar war traurig und enttäuscht nach einem solchen Tag: Endresultat: Soviel Hohn und Spott, wie an dem Tag [der Weihnachten] werde ich wohl ein ganzes Jahr in Ricmanje nicht mehr einstecken. […] In vielen Häusern wies man mir unter Fluch und Schimpf die Tür, in einigen Häusern lachten sie mich aus, in einigen Häusern blieb die Familie auf meinen Gruß stumm, wieder andere antworte- ten höflich, in neun Fällen wurde ich sehr freundlich aufgenommen und segnete die Wohnung ein.169 167 Das Dorf war ausschließlich slowenisch bewohnt, daher ist es angebracht, nur den slowenischen Namen  – statt des italienischen San Giuseppe della Chiusa  – zu benutzen. Auch die zeitgenössischen italienischsprachigen Dokumente, Zeitungs- artikel, Berichte benutzten nur den slowenischen Namen des Dorfes, ab und zu wurde Rizmanje  – nach deutscher Rechtschreibung  – geschrieben. Auch bezüglich der anderen im Text vorkommenden Nachbardörfer (Dolina, Boljunec, Log usw.) verwende ich ihre slowenischsprachigen Namen. Die italienischsprachigen Namen wurden erst während und nach dem italienischen Faschismus durchgesetzt. Weil die Gegend bis heute slowenischsprachig geprägt ist, haben die Dörfer um Triest das Recht, die slowenischen Ortsnamen  – nebst den italienischen  – anbringen zu dürfen. 168 Eintrag am 24.  Dezember 1906 im Annales Ricmanienses (weiter: Annales), in: Župnijski arhiv v Ricmanjih / Archivio parocchiale di Ricmanje (Pfarrarchiv in Ricmanje, weiter: ŽAR) [übersetzt aus dem Slowenischen von mir]. 169 Brief von Don Ukmar (28.  Dezember 1906), in: ADT, GP, 1906/82.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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