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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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253Erfolgschancen der lokalen Akteure katholischen Kirche 1910 / 1911 aufgegeben worden war, richtete sich weniger Aufmerksamkeit auf das kleine Dorf, obwohl sich Gewaltmomente wie davor weiterhin ereigneten. In Ungarn hingegen stellte der »Nationalitätenkonflikt« nicht die Basis für eine dynamische politische Öffentlichkeit. Ungarn bot keinen Raum für die Artikulation nationaler oder sozialer Interessen, die ungarische Poli- tik war von einer ungarisch-magyarischen Elite bestimmt, die nicht nur die Nationalitäten, die bis 1900 die Mehrheit der Gesamtbevölkerung aus- machten, sondern auch weite Teile der ungarischsprachigen Bevölkerung (Arbeiter, Bauern) bis zum Ende der Donaumonarchie etwa durch die dezi- dierte Ablehnung jeglicher Öffnung des Wahlrechts aus dem politischen Leben  ausschloss.36 Diese Strategie hing auch damit zusammen, dass sich der Staat in Ungarn aktiv an der »Nationalisierung« der Öffentlichkeit beteiligte. In einem sol- chen Kontext wurden die »Nationalitätenkonflikte« nicht um die lokale Macht »ausgefochten«, die im zentralisierten Ungarn sowieso kaum Bedeu- tung hatte. In den lokalen »Nationalitätenkonflikten« ging es nicht um die lokale Machtstruktur und Deutungsmacht, sondern vielmehr um die lokale Wahrnehmung (Akzeptanz oder Ablehnung) der ungarischen Staatsidee. Gegen die nationalisierenden staatlichen Elitendiskurse formierten sich die Elitendiskurse der Nationalitäten. Innerhalb einer »nationalen« Öffentlich- keit stellten diese nationalistischen Elitendiskurse das »Zentrum« dar. Der »Nationalitätenkonflikt« war insofern nur eine Strategie der jeweiligen Zent- ren  – sei es die magyarische Staatselite oder die nationalistischen Agitatoren der jeweiligen Nationalitäten  –, sich von oben her zu behaupten. Die lokale Ebene wehrte sich reaktiv dagegen  – wie es sich in den Konflikten in Lika- Krbava oder Drenova beobachten ließ  –, und deswegen zeigte sich vollkom- menes Unverständnis und Desinteresse dem nationalistischen Vokabular gegenüber, was von den nationalistischen Akteuren als Beweis für die »natio- nale Indifferenz« der ländlichen Bevölkerung herangezogen werden konnte. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt Wie lassen sich die entstandenen gewaltbefrachteten Konflikte  – als Hand- lungen und nicht von ihrer Wahrnehmung her  – charakterisieren? Einerseits waren sie sehr unterschiedlich. Was diese Fälle zu einem »historischen Phä- nomen« zusammenfügte, waren die externen (zeitgenössischen wie histori- ographischen) Erklärungen. Erst in diesen erschienen all die Konflikte als »Unterkapitel« desselben Phänomens: der ethnisch-nationalen Spaltung des 36 Cohen, Nationalist Politics, S.  275.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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