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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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168 Österreichisches Küstenland und andere nationalistische oder antiklerikale Agitatoren konnten diese Si- tuation ausnutzen, um das Dorf institutionell von der katholischen Kirche abzukoppeln. Die Klerikalisierung verfehlte insofern ihr Ziel. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken Rogers Brubaker spricht bezüglich der Religionen von einer »Pluripotentia- lität«: Die Religion kann gleichzeitig als integrativer und unterscheidender (polarisierender) Faktor wirken, weil die Andersartigkeit durch die Reli- gion sowohl aufgehoben als auch erst recht konstruiert werden kann.355 Die Gleichzeitigkeit mehrerer katholischer Völker im Österreichischen Küs- tenland hätte einen religiös begründeten Nationalismus  – also eine religiös begründete Andersartigkeit  – eigentlich nicht zugelassen. Eine narrative Konstruktion solcher Andersartigkeit war dennoch möglich, indem sich etwa die »Kroaten« und die »Slowenen«  – im Gegensatz zu den liberalen »Italie- nern«  – als die katholischen Völker der Region inszenierten. Der kroatische und slowenische Nationalismus vertrat die Ansicht, dass die katholische Reli- gion das unabdingbare Wesen des Kroatentums / Slowenentums ausmache, weil der Liberalismus nur den bereits dominierenden »Italienern« das »nati- onale Erwachen« garantiere. Die kleineren Völker sollten sich gemäß dieser Auffassung mehr auf ihre religiöse Zugehörigkeit als kohäsives Element der Nation berufen, auch wenn ihre Religion eigentlich univer salistisch  war.356 Je nachdem, ob sich die lokale Ebene behaupten oder gegenüber den Selbstbehauptungen von oben beschützen wollte, lässt sich die Gewalt, wel- che die lokalen Konflikte innerhalb der katholischen Kirche begleitete, kate- gorisieren. Charles Tilly unterscheidet zwischen konkurrierenden, reaktiven und proaktiven Ansprüchen, die sich in den kollektiven Handlungen mani- festieren konnten.357 Im österreichischen Teil waren vor allem konkurrie- rende und proaktive Ansprüche in den lokalen Kirchengemeinden anzutref- fen: Konkurrierende Aktionen erheben den »Anspruch auf Ressourcen, die ebenfalls von anderen Gruppen beansprucht werden«.358 Die »Ressourcen«, um welche in den geschilderten Konfliktfällen ab und zu sogar gewalttä- tig konkurriert wurde, stellten der Raum, die Sprache und die Autorität der Kirche dar. Auch die nationalistischen Agitatoren maßen all diesen »Gegen- ständen« hohe Bedeutung bei: Die Kirche konnte für die nationalpolitische 355 Brubaker, Religious Dimensions of Political Conflict, S.  8. 356 Strecha, »Sve za vjeru i domovinu«, 1996, S.  97. 357 Charles Tilly, Hauptformen kollektiver Aktionen in Westeuropa 1500–1975, in: Geschichte und Gesellschaft 3 (1977), S.  153–163, hier S.  153ff. 358 Ebd., S.  153.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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