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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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195Konflikte im Bistum Senj Wochen strengen Arrestes verurteilt, die meisten Angeklagten wurden aber freigesprochen.107 Der Staat war in jeder Hinsicht an der Wiederherstellung der lokalen Ruhe interessiert: Daher griff er konsequent vor Ort gegen die Rebellion durch. Härtere Urteile hätten aber die wiederkehrende Ruhe weiter aufgewühlt, daher entsprachen die milden Urteile dem staatlichen Interesse, in der Region keine weiteren Irritationen auszulösen. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? Die Tatsache, dass die altslawische Liturgiesprache gerade in homogen kro- atischen Kirchengemeinden abgelehnt wurde, versetzte die nationalisti- schen Agitatoren in große Erklärungsnot. Ihr vorläufiges »Scheitern« ver- suchten sie mit zwei Diskursen zu rechtfertigen. Einerseits gingen sie davon aus, dass die kroatischsprachigen Bauern im Bistum Senj die Wichtigkeit der altslawischen Liturgiesprache noch nicht erkannt hätten. Andererseits versuchten sie, die späteren, sommerlichen Aufstände umzuinterpretieren und im Kontext eines antiungarischen oder antiserbischen »Nationalitäten- konfliktes« zu verorten, als ob die Bauern mit ihren Gewaltakten gegen die lokalen Priester im nationalen Sinne gehandelt hätten. Die zwei Wellen der Aufstände (im  Mai in Kriviput und im  August in der Gegend von Perušić) wurden dementsprechend unterschiedlich rezipiert, obwohl die Situation in beiden Fällen die gleiche war: Kroatischsprachige Bauern griffen kroatisch- sprachige Priester wegen der Einführung der altslawischen Liturgiesprache an. Im Folgenden geht es um die Erklärungsstrategien der nationalistischen, städtischen Öffentlichkeit. Über die ersten Nachrichten aus Kriviput im  Mai 1894 war die national- klerikale, oppositionelle Öffentlichkeit Kroatiens, die die altslawische Litur- giesprache als gesamtkroatische Forderung darstellte, schockiert. Die natio- nal-oppositionellen Blätter Hrvatska sowie Agramer Tagblatt bezeichneten den angegriffenen Don Modrčin als einen »tapferen und geachteten«108 sowie »allgemein geachteten« Priester.109 Die Zeitungen bekundeten eindeu- tig ihre Sympathien mit ihm  – trotz seines angeblich schlechten Rufes unter der Bevölkerung  –, und sie verurteilten vielmehr das Benehmen der Bewoh- ner. Die national-oppositionellen Blätter betonten, dass das Volk zu beleh- 107 Agramer Zeitung, 18.  Mai 1895. 108 Hrvatska, 30.  Mai 1894 [übersetzt aus dem Kroatischen von mir]. 109 Agramer Tagblatt, 31.  Mai 1894.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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