Page - 25 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Image of the Page - 25 -
Text of the Page - 25 -
1.2. Fragestellungen und Forschungsstand 25
lyse des Tiroler Aufstandes im Jahr 1809 – darauf wurde bereits hingewiesen. Das
Leben des „Hauptprotagonisten“ ist der Ausgangspunkt für eine Reihe von Fragestel-
lungen, aus deren Antworten, aber auch aus der klar dargelegten Beschreibung der
Wege, die auf der Suche nach diesen beschritten wurden, sich ein differenzierteres
Bild des historischen Tirol abzeichnet. Oft als gegeben angenommene Kategorien
werden dieserart hinterfragt. Diese Fragen ergeben sich zu den verschiedenen Lebens-
bereichen beziehungsweise -abschnitten Michael Pfurtschellers. An diesen orientie-
ren sich daher sowohl die folgende Skizzierung der zentralen thematischen Schwer-
punkte und des jeweiligen Forschungsstandes als auch die weitere Kapiteleinteilung
der vorliegenden Arbeit:
– Dass sich Michael Pfurtscheller hinsichtlich seiner ausgeprägten Literalität von
einem großen Teil seiner Umgebung unterschied, wurde schon angedeutet. Dieser
Eindruck wird sich auch auf den folgenden Seiten – etwa wenn der Gerichtskassier
des zuständigen Landgerichts Pfurtscheller als „des Schreibens Kundigsten lieben
Mitnachbar[n]“65 bezeichnet, oder aber dieser selbst von sich behauptet, bereits im
Jahr 1809 sowohl der italienischen als auch der französischen Sprache mächtig gewe-
sen zu sein66 – mehrfach verstärken. Die Suche nach dem Ursprung dieses Bildungs-
vorsprungs führt vorerst einmal in die Jugend- und Ausbildungsjahre Pfurtschellers.
Hierzu sind zunächst vor allem die Forschungen Sebastian Hölzls zur Entwicklung
des Schulwesens in Tirol eine unverzichtbare Grundlage. Diese weisen auf eine Viel-
zahl von Quellen – besonders Visitationsberichte sind hier zu nennen – hin und
erleichtern damit weiterführende Untersuchungen sehr.67 Auch wenn schließlich
über Umwege eine Art Zeugnis Michael Pfurtschellers aus der Trivialschule in Fulp-
mes ausfindig gemacht werden konnte,68 so bleiben die Kindheits- und Jugendjahre
historischer Individuen insgesamt trotzdem problematisch für den Biographen. Zu
diesem Urteil kommt auch Andreas Oberhofer in seiner Andreas-Hofer-Biographie
„Der Andere Hofer“. Diese Untersuchung des Lebens eines Zeitgenossen Pfurtschel-
lers stellt nicht nur den zweifellos letzten Stand der wissenschaftlichen Beschäftigung
mit der Person des Tiroler Oberkommandanten von 1809 dar, sondern spürt auch
der Sozialisation männlicher Jugendlicher im Tirol der Sattelzeit nach. Besonders
65 Vgl. Kap. 4.1.2.
66 Vgl. Kap. 3.3.5.3.
67 Vgl. Sebastian Hölzl, Das Pflichtschulwesen in Tirol. Ab der Theresianischen Schulordnung (1774)
bis zur politischen Schulverfassung (1806), phil. Diss., Innsbruck 1972; sowie: ders., Studien zum
Pflichtschulwesen in Tirol 1774–1806, 3 Teile, in: Tiroler Heimat 38 (1974), S. 91–138; 39 (1975),
S. 86–89; 40 (1976), S. 51–92; sowie: ders., Das Tiroler Schulwesen der Neuzeit 1500–1918, in:
Tiroler Heimat 71 (2007), S. 71–130.
68 Vgl. Kap. 2.2.; sowie Abbildung 3 ebendort.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435