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3.1. 1797 69
und dem Landesoberst Josef von Lanser61, beide waren vorher bei Beratungen zum
weiteren Vorgehen in Sterzing dabei gewesen.62
Nicht das ganze Stubaier Aufgebot machte sich dann auch wirklich am folgenden
Tag auf den Weg nach Mauls. Anscheinend waren die Stubaier in verschiedenen Un-
terkünften untergebracht. Der Kontakt zu einem Teil der Mannschaft – etwa einem
Drittel, darunter auch der erwähnte Anführer Franz Winkler – war verlorengegan-
gen, wie Pfurtscheller beschreibt. Man machte sich also mehr oder minder führungs-
los auf den Weg nach Mauls. Pfurtscheller spricht in seinem Bericht von einem „gu-
ten Teil“ der Sturmmannschaft, die dorthin abmarschiert sei. Unterwegs traf man auf
Philipp von Wörndle, den Kommandanten des Nordtiroler Landsturms, der gerade
mit dem Axamer Aufgebot und einer Innsbrucker Studentenkompanie unterwegs
war.63 Johann Gänsbacher, Mitglied dieser Innsbrucker Studentenkompanie und spä-
ter als Domkapellmeister in Wien bekannt geworden, spricht in seinen Lebenserin-
nerungen von etwa 300 Stubaiern, denen man in der Nähe von Sterzing begegnet sei,
und ist dabei eine wohl verlässliche Quelle. Dem 19-jährigen geborenen Sterzinger
übergab Wörndle nun nämlich das Kommando über die führungslosen Stubaier.64
„Titl. Hr. v. Wörndle äußerte, einen Anführer müßt ihr haben, ihr gefallt mir, ihr habt
Trommel und Pfeiffen, vielleicht auch manchen guten Schützen? Wohlselber zeugte auf den
bej seiner Compagnie einrollierten Accademicker Hrn. Gensbacher und sagte – ‚Dieser ist
ein Geborener Sterzinger – kennet diese Gegend und ist ein praver Tyroler‘. Spötl [Michael
Spötl, einer der Stubaier Landstürmer] antworthete – ‚ja wenn du uns recht anführest –
nicht betrügst, so sollst du unser Hauptmann sein‘ worauf Spötl den Hrn Gensbacher die
Rechte Hand reichte, lezterer Versicherte was er Vermöge werde er Treulich leysten. Spötl
sagte ‚Hr Hauptmann – also wir verlassen uns auf dich, und folgen dir in Gottesnamen auf
den Fuß nach‘.“65
So schildert Pfurtscheller die Begebenheit. Danach wurde, nun unter Führung Gäns-
bachers, wie angeordnet nach Mauls marschiert, wo eine kleine Rast eingelegt wurde.
tion der Landesverteidigung involviert. (Vgl. Granichstaedten-Czerva, Die bayerischen Landrichter,
1962, S. 222–225.)
61 Josef von Lanser war einer von mehreren langgedienten Offizieren, die mit der Organisation der
Landesverteidigung betraut wurden. Zumindest nominell war er der Oberkommandant der rund
um Sterzing postierten Schützen. (Vgl. Kolb, Freiheitskampf 1796/97, 1957, S. 43 f.)
62 Vgl. Fontana, Südtiroler Unterland, 1998, S. 154 f.
63 Vgl. Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 9 f.
64 Vgl. Walter Senn (Hg.), Johann Gänsbacher. Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Thaur 1986, S.
7 f.
65 Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 10 f.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435