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76 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„es fehlte einfach der Wille zur Gegenwehr“.95 Österreichisches Militär war bereits
seit Ende März keines mehr im Pustertal. Feldmarschallleutnant Johann von Spork96
sah sich nach dem Rückzug der österreichischen Truppen aus Brixen genötigt, durch
das Pustertal Richtung Lienz, dann auf Befehl Erzherzog Karls über die Tauern nach
Salzburg abzuziehen, beschreibt Josef Fontana.97 Weniger gut kommt von Spork in
Pfurtschellers Berichten weg. Dieser habe sogar die Munition seiner Truppen im
Wasser versenkt, um schneller flüchten zu können, so Pfurtscheller. Er überlasse es
dem „geneigten Leser“ selbst, „eine solche Feigheit“ zu beurteilen.98 In der Entwurfs-
fassung von Pfurtschellers Bericht meint dieser sogar sarkastisch: „ja den Feind, wenn
er weicht, soll man Gold-brücken bauen.“ Außerdem zitiert Pfurtscheller in dieser
Version seines Berichtes einen Handelsfreund aus Venedig, den er allerdings wohl erst
eine ganze Weile nach 1797, Pfurtscheller war zu diesem Zeitpunkt als erst 21-Jäh-
riger noch als Handlungsgehilfe im Geschäft seines Stiefvaters Johann Volderauer
tätig, kennenlernte. Der zitierte Handelsfreund ist wie Pfurtscheller der Meinung,
die Österreicher hätten gegenüber Napoleon zu früh nachgegeben. Vereinigt mit den
österreichischen Truppen wäre es seiner Meinung nach möglich gewesen, Venedig
gegen Napoleon zu verteidigen. So aber „ging unsere Republik, welche über Eilf
Jahrhunderte Existierte […] damals ein, welches wir Venezianer nicht genug bekla-
gen können!“.99
Der Ausgang der Kämpfe, mit dem Teilerfolg der Tiroler in und um Spinges,
habe sich, so Martin Schennach, sowohl auf Seiten der Tiroler als auch auf der der
Franzosen, als Erfolg verkaufen lassen. Besonders wichtig sei dies für die Österrei-
chisch-Tiroler Seite gewesen – eine Rechtfertigung für die erbrachten Opfer und
Strapazen gewissermaßen. Um der Zufriedenheit mit den Landesverteidigern noch
mehr Nachdruck zu verleihen und deren Kampfbereitschaft auch für die Zukunft
zu erhalten, zeigte man sich sehr großzügig bei der Vergabe von Anerkennungsme-
daillen und Orden.100 Besonders verdiente Kämpfer, unter den Stubaiern in erster
Linie in den Reihen der vorab ausgerückten Schützen zu finden, erhielten große
beziehungsweise kleine landschaftliche Ehrenmedaillen. Außerdem wurde jedem, der
95 Vgl. Fontana, Südtiroler Unterland, 1998, S. 162.
96 Johann Rudolph Graf Spork (1753–1806) hatte im seit 1792 andauernden Krieg gegen das revolu-
tionäre Frankreich Karriere als Offizier gemacht. 1797 erhielt er den Rang eines Feldmarschallleut-
nants. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 36, 1878, S. 238.)
97 Vgl. Fontana, Südtiroler Unterland, 1998, S. 151 f.
98 Vgl. Kopie Bericht Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF-Bib., FB 55495, S. 18.
99 Entwurf Pfurtschellers zu 1797, Oktober 1834, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 1, Nr.
19, S. 18.
100 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 104.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435