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106 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
geladen waren,218 Schönberg passierte, wurde er von zwei Deputierten des Bezirks
im Rahmen einer Unterredung an das Anliegen der Stubaier erinnert. Doch damit
nicht genug, als er auf der Rückreise abermals durch Schönberg kam, übergab man
ihm auch noch ein schriftliches „Promemoria“ zur nochmaligen Erinnerung. Auf
seiner Hinreise hatte Montgelas nämlich angeblich zugesichert, die Angelegenheit sei
bereits erledigt worden, es fehle wohl nur noch die Verständigung darüber. Da selbige
jedoch auch noch ausstand, als der Minister im Januar 1808 von seiner Italienreise
zurückkehrte, überreichte man ihm das bereits erwähnte „Promemoria“:
„Da nun dieses [die Verständigung] seit Hochdero Durchreise nach Italien bis anhero noch
nicht erfolget ist, so wagen es die Treugehorsamsten Bezirks Vorsteher abermal, die höchst-
erfreuliche Durchreise und eigentlich Rückkunft von Euerer Excellenz etc. an daßiger Post
Stazion zu benützen, und mittels gegenwärtig allerunterthänigster Promemoria mit gehor-
samsten Bezug auf ihre vorgedachte Höchsten Ortes eingereichte ausführliche Vorstellung
[vom 1. März 1807] Hochdieselben in aller Unterthänigkeit um Hochgnädigste Verfügung
zu bitten und anzuflehen, womit die bittgewährende Höchste Resolution denen Treugehor-
samsten Gemeinden, welche schon bald ein Jahr lang den eigenen Obrigkeitlichen Beamten
[…] leider! vermüssen müssen, je bälder je erwünschter zugefertiget und hiernach der ob-
rigkeitliche Beamte anher abgeordnet werden möchte.“ 219
Die Einsetzung eines Aktuars in Schönberg ging den Stubaiern jedoch eigentlich
nicht weit genug und wurde wohl lediglich als vorläufig kleinstes Übel betrachtet.
Das zeigte sich im Jahr 1809 sehr deutlich. Bereits kurz nach dem „Regierungsan-
tritt“ Hofers in Innsbruck Mitte August dürften die Stubaier Bezirksausschüsse Ho-
fers Regierung um die Wiedererrichtung „ihres“ Gerichtes ersucht haben. Das geht
aus der wohl von Michael Pfurtscheller eigenhändig angefertigten Abschrift220 eines
Antwortschreibens aus Hofers Kanzlei, im Original wohl von Andreas Hofer unter-
218 Vgl. Weis, Montgelas 2, 2005, S. 363.
219 Promemoria der Stubaier Gemeinden an Montgelas, Dezember 1807 [Januar 1808], TLA, GLK für
Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1. – Da Montgelas erst am 2. Januar 1808 aus Mailand abreiste, wird
das Schriftstück folglich wohl im Laufe des Januar 1808 übergeben worden sein. (Vgl. Weis, Mont-
gelas 2, 2005, S. 363.)
220 Ein Vergleich der Handschriften legt den Schluss nahe, dass die Abschrift von Michael Pfurtscheller
eigenhändig angefertigt wurde. Die wohl erst nachträglich ganz unten auf der Seite angefügte Ergän-
zung „den 3 7ber do. haben sich die Ger. Ausschüsse zu Mieders versammelt und sind wegen Setzung
einer Oberkeit am Schönberg nicht eins geworden“ deutet ebenfalls darauf hin, dass die Abschrift
von einem zumindest indirekt Beteiligten stammen dürfte. Pfurtscheller war als Ortsvorsteher von
Fulpmes sicherlich über die Vorgänge in dieser Angelegenheit unterrichtet. (Vgl. Unterlagen zu J.
Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1651, Periode IV, Nr. 1.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435