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118 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
viel Neues einführten das Alte verdrängten, somit den Tiroler vor 40 Jahre Weise gescheid
– oder geschmeidig zu machen – strebten.)“271
Über Pfurtschellers persönlichen Zugang zu Hormayrs Aufruf finden sich jedoch
leider keine weiteren Informationen. Allerdings findet sich im eben zitierten Schrift-
stück eine Bemerkung, die auf eine ganz andere Einstellung Pfurtschellers hinsicht-
lich der Idee der Erhebung gegen die bayerische Obrigkeit schließen lässt, als die von
ihm in den bereits erwähnten „Nachträglichen Bemerkungen“ geschilderte. Er will
hier eine viel aktivere Rolle in der Anfangsphase der Erhebung gespielt haben:
„Dahero sagte ein königl. bayer. Proklama ddo. München 30 April 1809 – der 11 April
hat den Tiroler Name geschändet – die Fahne der Empörung wurde geschwungen. – und
zwar durch meine Eigenen Hand – zur Anspornung meiner Mitnachbarn ich schreibe alles
dieses nicht aus Ruhmsucht oder Prahlerei, sondern daß solche Züge – der Nachwelt zur
Bewunderung aufgezeichnet werden!“272
In Pfurtschellers Bericht über die Mitwirkung von Stubaiern an der Erhebung 1809
an das Landgericht Matrei, den dieses zur Berechnung der Löhnungen für die Lan-
desverteidiger273 im Jahre 1819 angefordert hatte, fehlen sowohl die Beschreibung der
Unterredung mit von Stolz, Lener und Domanig als auch jeglicher Hinweis auf einen
Aufruf Hormayrs. Pfurtscheller eröffnet seine Darstellung ohne weitere Umschweife
mit dem Beginn der Kampfhandlungen in der Umgebung von Innsbruck. 274 In einem
271 Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D., TLA, Materiali-
ensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9.
272 Ebd.
273 Diese „Gagenrechnung“ wurde vom Landgericht dann an die sogenannte Gubernial-Liquidations-
kommission zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet. (Vgl. Abschrift Gagenrechnung Stubai, 10.
Mai 1819, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 84; sowie: Standeslisten Gericht Mie-
ders, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27,
Gericht Mieders, Nr. 20.)
274 Der Verbleib jener Version des Berichtes, die tatsächlich dem Landgericht übermittelt wurde, ließ
sich nicht ermitteln. In den Akten des Landgerichtes Matrei aus dem Jahr 1819 im TLA ist der
entsprechende Bericht Pfurtschellers jedenfalls nicht auffindbar. (Vgl. TLA, Aktenserie LG Matrei,
Fasz. 1–6.) Karl Klaar veröffentlichte in seinem 1940 erschienenen zweiten Band von „Alt-Innsbruck
und seine Umgebung“ allerdings die Transkription eines Berichtes Michael Pfurtschellers an die
Gubernial-Liquidationskommission aus dem Jahr 1819. (Vgl. Karl Klaar, Alt-Innsbruck und seine
Umgebung, Bd. 2: Umgebung, Innsbruck 1940, S. 275–280.) In den Akten der Provinzialbuch-
haltung zur Abrechnung der noch ausstehenden Löhnungen für Landesverteidiger des Jahres 1809
findet sich jedoch kein entsprechender Bericht Pfurtschellers. (Vgl. Standeslisten Gericht Mieders,
TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Ge-
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435