Page - 127 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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3.3. 1809 127
„Er [Etschmann] rieth eine Starcke Patroule über Mutters + Natters zu machen – der grö-
ßere Theil mußte langsam oder behutsam der Strasse nach vorrüken, gemäs Verabredung
traffen diese Abtheilungen am Bergisel zusamm, wo wir im Angesicht der Feinde unsere
Fahn sehen – die Trommel und Pfeiffen hören liessen.“310
Stellung bezogen wurde wohl vorerst beim Ferrarihof, nachdem sich abends die baye-
rischen Truppen in die Stadt zurückgezogen hatten, rückte man dann zur Sillbrücke,
zum heutigen Bierstindl, am Fuße des Bergisels vor:311
„Wie wir uns derselben [der Sillbrücke] näherten kam Jos. Schandl312 Seßhafter Bauer mit
2 Söhne und etwa 50 Mann von Ellbögen, selbe vereinigten sich mit uns: Schandl ein sehr
eifriger aber Thollkühner Mann – machte bald den Vorschlag – in der Nacht die Bayern
in Innsbruk zu überfallen! – Auf die Frage ob er die Zahl der Feinde kenne? – u. allenfalls
ob Landesleute u. von welcher Seitte uns zu Hilfe kommen dürften? Wußte er rein nichts
steckbrieflich gesucht, kann jedoch nicht gefasst werden. Nach der Versteigerung des Wirtshauses
1824 lebt er in Innsbruck, wo er schließlich auch 83-jährig an Altersschwäche stirbt. (Vgl. O. A.,
Der Schupfenwirt vom Schönberg, in: Tiroler Bauernzeitung, Nr. 31, 6. August 1959, S. 4; sowie:
Taufbuch Oberhofen I, TLA, Mikrofilm Nr. 0756, Abschn. 5; sowie: Sterbebuch Innsbruck/Pfarre
St. Jakob XIII, TLA, Mikrofilm Nr. 0994, Abschn. 1; sowie: Kap. 3.3.5.12.)
310 Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819, o. D., TLA, Materiali-
ensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9.
311 Das Folgende geht nicht nur aus Pfurtschellers „Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von 1819“
in der Materialiensammlung Rapp hervor. In etwas knapperer Form schildert Pfurtscheller das Vor-
rücken der Stubaier auf den Bergisel und die Gefangennahme zweier bayerischer Soldaten am Abend
des 11. April auch noch in einer zweiten Quelle. Es handelt sich dabei um das bereits erwähnte „Con-
cept“ Michael Pfurtschellers, eine Schilderung der Ereignisse zwischen 11. und 13. April 1809, die
sich im Nachlass Pfurtschellers findet. Auch in diesem Schriftstück ist Michael Pfurtschellers Hand-
schrift klar zu erkennen. Pfurtscheller betont hier jedoch, über die Information aus seinem „Nachtrag
und Ergänzung zur Schilderung von 1819“ hinausgehend, außerdem noch den Zusammenhang des
Ausrückens der Stubaier mit dem bereits erwähnten Hilferuf aus dem westlichen Mittelgebirge: „Am
11 April kammen diese [die Stubaier] den bedrängtten Bewohnern v. Selrain, Axams, Birgiz u. Göt-
zens über Natters bej der Gallwies zu Hilfe, und besezten gegen Abend mit einer fliegenden Fahne
– nebst Trommel u. Pfeiffen schal den Iselberg – und rückten bis an die Sillbrücke vor – um selbe zu
besetzen, wo gleichzeitig sich die Vertheidiger von Ellbög. unter der Leittung ihres Herzhaften Anfüh-
rer Schandl an uns anschlossen; wornach die Nachtfeuer angeschürt und Wachen ausgestellt wurden.
Welche alsogleich zwej Baiern gefangen nahmen, (die vermuthlich über die Sillbrücke schleichen u.
so nach Steinach zu eilen Auftrag hatten?“ (Vgl. „Concept“ Pfurtschellers zu Kämpfen 11.–13. April
1809, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 82.)
312 Gemeint ist hier wohl Johann Penz (1763–1809). Er stammte aus Navis und heiratete 1786 in den
Schandl-Hof in St. Peter, Gemeinde Ellbögen, ein. (Vgl. Granichstaedten-Czerva, Alte Garde, 1932,
S. 351–353; sowie: Josef Penz, Schützenhauptmann „Schandl“ (1809) recte Penz, in: Forschungen
und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs 9 (1912), Heft 4, S. 292 f.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435