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3.3. 1809 143
fenwirt Johann Etschmann, der berichtete, Schüsse gehört zu haben, wurde weiter
in Richtung Innsbruck vorgerückt. Außerhalb von Gärberbach, „am Monument“374,
holte man dann die gegnerische Nachhut, beziehungsweise die Versorgungskolonne,
ein. Diese war jedoch in der Zwischenzeit bereits im Begriff vor den Aufgeboten aus
dem Sellrain, aus Mutters und Natters die Waffen zu strecken. Die Stubaier kamen
wohl gerade noch rechtzeitig, um so weit am Geschehen mitzuwirken, dass sie an der
Beute beteiligt wurden. Sie konnten sich jedoch nur wenig prestigeträchtige Stücke
sichern,375 Joseph Rapp berichtet von einigen Regimentsschriften und Schuhen.376
Der Hauptteil der bayerisch-französischen Truppe war jedoch in der Zwischenzeit,
zwischen fünf und sechs Uhr morgens, auf den Feldern um Wilten, südlich von Inns-
bruck in Stellung gegangen, berichtet Dipauli in seinen Tagebuchaufzeichnungen.377
Er schätzt die Stärke der Truppe auf 4600 Mann, Pfurtscheller hingegen spricht in
seinen Berichten von 4000 – zwei Drittel Franzosen, ein Drittel Bayern.378 Nach der
Gefangennahme der Nachhut seien die Stubaier, so Pfurtscheller, mit Fahne und
Musik auf den Bergisel vorgerückt, und auch die anderen Anhöhen rund um die
374 Das Denkmal an der heutigen Abzweigung der Brennerbundesstraße nach Natters und Mutters
wurde im Jahre 1768 zur Erinnerung an das Zusammentreffen der Braut Erzherzog Leopolds, Maria
Ludovica von Spanien, und Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1765 auf Initiative des Landeshaupt-
manns Paris Caspar Dominikus Graf von Wolkenstein-Trostburg (1696–1774) errichtet und bis
zum heutigen Tag zweimal (1963 und 2005) versetzt. (Vgl. Bundesdenkmalamt (Hg.), Die Kunst-
denkmäler Österreichs. Tirol (Dehio-Handbuch Tirol), Wien 1980, S. 550; sowie: Werner Jud, Nat-
ters. Kaiserdenkmal, in: Kulturberichte aus Tirol 2007. 60. Denkmalbericht – Jahresbericht 2006,
hg. v. Amt der Tiroler Landesregierung-Kulturabteilung, Innsbruck 2007, S. 124; sowie: Ladurner,
Landeshauptleute, 1865, S. 39; sowie: Von Schlachta, Das Amt des Landeshauptmanns, 2009, S.
350 f.)
375 Vgl. Pfurtscheller an Rapp zu den Ereignissen im April, o. D., TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 8; sowie: Pfurtscheller an Rapp – Nachtrag und Ergänzung zur Schilderung von
1819, o. D., TLA, Materialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 9; sowie: Pfurtscheller an Rapp
– Begleitschreiben, 20. September 1837, TLA, Materialiensammlung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 10;
sowie: Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF,
Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur
Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 6 f. [vgl. Anm.
6]. – Pfurtscheller berichtet in den verschiedenen Berichten von einigen Marschrouten und ande-
ren Schriftstücken (einige davon stellte er auch Joseph Rapp zur Verfügung), Schuhen, türkischen
Musikstücken und Lagerfahnen eines berittenen Jägerregiments. Die ebenfalls vom aufgebrachten
Tross transportierte Munition wurde wohl verteilt, die „nicht starcke Kasse“ nahm Joseph Tanzer aus
Mutters an sich, so Pfurtscheller.
376 Vgl. Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 123.
377 Vgl. Meighörner, Tagebuch Di Pauli, 2008, S. 226.
378 Vgl. ebd., sowie: Pfurtscheller an Rapp zu den Ereignissen im April, o. D., TLA, Materialiensamm-
lung Rapp, Schuber 18 e, Nr. 8.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435