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3.3. 1809 155
Organisation der Landsturmaufgebote im Stubaital war wiederum Joseph von Stolz.
In seinem Schreiben vom 11. Mai weist er die Gemeindevorsteher an, Standeslisten
für die Landsturmaufgebote zu erstellen und an ihn zu senden.439
Wenig später erfolgte dann auch der Befehl zum Ausrücken. Zunächst sollte der
Stubaier Landsturm durch das Wipp- und Schmirntal über das Tuxerjoch ins Ziller-
tal, dann nach Gerlos an die Grenze zu Salzburg vorrücken. Aufgrund des schnellen
Vordringens der gegnerischen Truppen durch das Unterinntal – der Versuch Chaste-
lers den gegnerischen Vormarsch mit Hilfe von Landsturmkontingenten bei Wörgl
im Unterinntal aufzuhalten, war gescheitert – wurde die Marschroute des Stubaier
Landsturms abgeändert. Am 14. Mai um 5 Uhr morgens erließ Chasteler aus Inns-
bruck den neuen Marschbefehl für die Stubaier. Sie sollten den Kleinvolderberg be-
setzen:
„Der Landsturm von Stubay soll sich anstatt über tux nach Gerlos, sich sogleich an dem
kleinen Volderer Berg aufstellen, und die Anhöhen über Platten und Windeck besetzen.“440
Pfurtscheller reagierte umgehend auf diese Aufforderung. In seinem Nachlass findet
sich ein Schreiben vom 14. Mai, das, wohl von Haus zu Haus getragen, die Fulpmer
Landsturmmannschaft zum Ausrücken aufrief:
„Zufolge hohen Currendal Befehl – soll sich die Waffenfähige Mannschaft von 16 bis 56
Jahren dergestallt in Bereitschaft halten – um auf das Erste Erschallende Glockenzeichen
vor dem Hause des Sturm Anführer Michael Pfurtscheller marschfertig zu seyn! Lebens-
mittel und gepäcke wird nachgeliefert, die Mannschaft soll sich I. mit tauglichen Waffen,
II. mit Steug oder Fußeisen und III. mit rechten Kleidern, vorzüglich gutem Fußgewand
bestmöglich versehen.“441
Bereits am Abend desselben Tages war die Sturmmannschaft dann auf ihrem Posten
in und um Tulfes. Das berichtet Pfurtscheller in einem Schreiben an die daheimge-
bliebenen „liebwerthen Nachbarn“ in Fulpmes, verfasst am 14. Mai 1809 um „10 ½
Uhr abends“.442 Um halb neun Uhr abends sei die Mannschaft in Tulfes angekom-
439 Vgl. Von Stolz an die Gemeindevorsteher im Stubai, 11. April 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, III, Bund 2, Nr. 20.
440 Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1649, Periode II, Nr. 30.
441 Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer, 14. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2,
Nr. 22.
442 Das eigentliche Schreiben wurde am 14. Mai abends verfasst. Am folgenden Morgen, um 6 Uhr,
fügte Pfurtscheller noch eine Nachschrift hinzu. Das Schreiben wurde also erst am 15. Mai per Bote
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435