Page - 176 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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176 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Eine zweite relevante Quelle aus dem Nachlass Pfurtschellers stammt vom 26. Mai
1809. Gewitterregen, Müdigkeit und Munitionsmangel hatten am Vorabend die
Kämpfe bei Innsbruck vorerst beendet. Tiroler und österreichische Truppen zogen
sich auf Positionen in den Mittelgebirgen, nach Schönberg beziehungsweise Mie-
ders und Matrei zurück. Viele Landstürmer und Schützen waren schon vorher ei-
genmächtig nach Hause gegangen, so Schemfil.537 Das „Kriegstheater“ war damit
jedoch noch keineswegs beendet. In einem Schreiben an Pfurtscheller vom 26. Mai
treten dieser und Anton Danler, die ja laut Maretich und Schemfil bereits am Tag
zuvor am Bergisel gekämpft haben sollen, das erste und einzige Mal in einer zeitge-
nössischen Quelle gemeinsam in Erscheinung. Danler berichtet an Pfurtscheller, dass
während der Nacht eingetretene „mißliche Umstände“, den „Abzug unserer Schützen
Compagnie diesen Augenblick nicht erlauben“. Pfurtscheller solle „die um 5 Uhr
versammelte Compagnie in bester Ordnung beyeinander versammelt [zu] behalten“
bis deren Bestimmungsort bekannt sei. Außerdem soll er einen Eilboten nach Mie-
ders schicken, der ihm dann detailliert Bericht erstatten könne. Ausgestellt wurde das
Schreiben in „Mihltal“, einem Ortsteil von Mieders538, am 26. Mai 1809. Auf der
Rückseite des Schreibens findet sich folgender Vermerk Pfurtschellers:
„vom 26 Mai 1809 Bericht von Hrn. Hauptmann Anton Danler wegen Ausrückung der
organis. Schützenkompagnie vom Thale Stubai“539
Der Aufenthaltsort der Stubaier Schützenkompanie am 26. Mai in Fulpmes bezie-
hungsweise Mieders passt in das Bild, das die Darstellungen Maretichs und Schemfils
zeichnen. Beide Autoren geben an, das Stubaier Aufgebot unter Pfurtscheller und
Danler hätte sich nach den Kämpfen am Bergisel nach Mieders zurückgezogen.540
Im Schreiben Danlers weist jedoch nichts darauf hin, dass die Mannschaft von den
Kämpfen am Bergisel ins Stubaital zurückgekehrt wäre. Er gibt lediglich an, die
Kompanie hätte sich um 5 Uhr morgens dort versammelt.541 Die Frage nach einer
537 Vgl. Schemfil, Freiheitskrieg, 2007, S. 155 f.
538 „Mühltäler“ gab/gibt es wohl in sehr vielen Orten Tirols. Da Pfurtscheller jedoch seinen Eilboten
„mir auf Mieders“ schicken sollte, damit dieser sich von der Situation ein Bild machen konnte, ist
jedoch der Schluss zulässig, dass sich Danler mit seiner „organisierten Schützenkompanie“ im Mie-
derer Mühltal aufhielt.
539 Anton Danler an Michael Pfurtscheller, 26. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
2, Nr. 43.
540 Vgl. Maretich, Zweite und dritte Berg Isel-Schlacht, 1895, S. 70; sowie: Schemfil, Freiheitskrieg,
2007, S. 152.
541 Vgl. Anton Danler an Michael Pfurtscheller, 26. Mai 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 43.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435