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182 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Mannschaft – bej einem abermaligen Auszugsaufgeboth, ganz in Bereitschaft gefun-
den, und für Religion – Fürst und Vaterland zum gerechten Kampfe aus marschie-
ren kann“.560 Wenig später, am 30. Juni erfolgte dann auch die bereits mehrfach
erwähnte „Beschreibung“ dieser „streitbaren Mannschaft“, laut Pfurtscheller veran-
lasst durch Martin Teimer.561 Doch nicht nur die Vorbereitung möglicher erneuter,
sondern auch die vergangenen Ausrückungen zogen noch administrativen Aufwand
nach sich. So beschäftigte die Banalität einer noch nicht zurückgegebenen Leihwaffe
die Gemeindevorsteher von Fulpmes und Neustift, Michael Pfurtscheller und Peter
Volderauer, noch Ende Juni.562
Der Beitrag des Stubaitales zum „Grenzschutz“ war, wie bereits erwähnt, eine aus
Freiwilligen zusammengesetzte Schützenkompanie. Zum ersten Mal war diese – wie
bereits erwähnt, 117 Mann stark – Anfang Mai ausgerückt. Diese Ausrückung dau-
erte bis zum 26. Juni.563 Wenig später, am 13. Juli 1809, rückten wiederum 50 Frei-
willige aus, die bis zum 1. August die Grenze zu Bayern bei Leutasch, beziehungs-
weise Scharnitz bewachten. Wie schon beim ersten Auszug im Mai war wieder Anton
Danler aus Mieders der Kommandant der Kompanie.564 Dabei ist die Bezeichnung
„Grenzschutz“ nicht ganz zutreffend. Mehrmals machten die „Grenzschützer“ Plün-
derungs- beziehungsweise Beutezüge über die Grenze hinweg auf bayerisches Gebiet,
gegen die es durchaus schon 1809 auch in Tirol viele sehr kritische Stimmen gab.565
560 Aufruf Pfurtschellers an die Fulpmer, 18. Juni 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund
2, Nr. 46. – Auf der Rückseite des Schriftstücks findet sich auch ein Vermerk Pfurtschellers, dieses
sei „durch 3 Tage affigiert [ausgehängt, angeheftet] geblieben“ sei. Davon künden auch vier kleine
„Löcher“ in den Ecken des Schriftstückes.
561 Vgl. Standesliste Fulpmes an Joseph Kirchmair, 30. Juni 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 49. – Martin Rochus Teimer (1778–1838) stammte aus Schlanders im Vinschgau.
Er war „einer der wichtigsten Emissäre“ Erzherzog Johanns. Die bayerische Polizei bezeichnet ihn in
ihrem Verzeichnis der Urheber der Tiroler Erhebung als „Hauptwerkzeug der österreichischen Re-
gierung zur Erzwekung der Insurrektion“. (Vgl. Albrich/Sila, Schwarzbuch, 2010, S. 59–62; sowie:
Schmölzer, Kampfgenossen, 1905, S. 65 f.)
562 Vgl. Peter Volderauer an Michael Pfurtscheller, 27. Juni 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 47.
563 Zur Frage der Beteiligung dieser Schützenkompanie an den Kämpfen um Innsbruck Ende Mai 1809
siehe Kap. 3.3.5.8.
564 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: „Summarischer Ausweis“, 30. Juni 1830, TLA,
Standeslisten der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht
Mieders, Nr. 20; sowie: Standesliste Schützenkompanie Danler, 22. April 1817, TLA, Standeslisten
der Landesschützen und Landsturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, ad Nr.
17; sowie: Standesliste Fulpmes an Joseph Kirchmair, 30. Juni 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, III, Bund 2, Nr. 49.
565 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 484–490.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435