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184 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
sichtlich des zweiten Gefangenen werden hier keine Angaben gemacht. Anhand von
Pfurtschellers bereits mehrfach erwähntem Bericht aus dem Jahr 1838 ist jedoch wohl
davon auszugehen, dass dieser nicht im Zuge des Überfalles auf bayeriches Gebiet den
Gegnern in die Hände fiel. Oberleutnant Georg Nagiller sei auf dem Rückmarsch der
Kompanie aus Scharnitz am 31. Juli 1809 „am Iselsberg [Bergisel] gefangen und sehr
unmenschlich behandelt“ worden, so Pfurtscheller.569 Es war auf dem Heimweg also
wohl zu einem Zusammenstoß mit einem Teil der – vorwiegend bayerischen – gegne-
rischen Truppen gekommen, die erst am Vorabend in Innsbruck eingezogen waren.570
Die Lage am Hauptkriegsschauplatz hatte sich inzwischen nämlich vollkommen
verändert: Auf den Sieg bei Aspern und Eßling Ende Mai folgte am 5. und 6. Juli
1809 die Niederlage der österreichischen Truppen in der Schlacht bei Wagram.571 Am
12. Juli einigten sich Napoleon und Franz auf den zunächst auf sechs Wochen befris-
teten, dann jedoch mehrfach verlängerten Waffenstillstand von Znaim.572 Artikel 4
der Vereinbarung betraf die folgende Entwicklung in Tirol:
„Die Abtheilungen von österreichischen Truppen, die sich in Tirol und im Vorarlbergischen
befinden, werden diese beyden Provinzen räumen. Das Fort von Sachsenburg wird den
französischen Truppen übergeben werden.“573
Besonders vor dem Hintergrund des am 29. Mai vom Kaiser ausgestellten „Wol-
kersdorfer Handbilletts“, in dem dieser zugesichert hatte, keinem Friedensschluss
zustimmen zu wollen, der nicht Tirol „an Meine Monarchie unauflöslich knüpft“574,
[1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 15 [vgl. Anm. 6].)
569 Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten
1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 15 [vgl. Anm. 6].
570 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 130.
571 Vgl. ebd., S. 113; sowie: Mazohl, Österreich und Europa, 2009, S. 70.
572 Der Text des Waffenstillstandsabkommens ist in mehreren Publikationen abgebildet beziehungs-
weise ediert. Eine Abbildung der deutschen Version findet sich zum Beispiel bei Mertelseder/Ma-
zohl/Weber. (Vgl. Mazohl, Österreich und Europa, 2009, S. 70.) Im Nachlass Michael Pfurtschellers
findet sich die 1809 im Druck erschienene Bekanntmachung des Waffenstillstandes in französischer
und deutscher Sprache. Wann Pfurtscheller in Besitz dieses Schriftstückes gelangte ist allerdings
nicht feststellbar. (Vgl. Bekanntmachung Waffenstillstand von Znaim, 13. Juli 1809, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 3, Nr. 22.)
573 Bekanntmachung Waffenstillstand von Znaim, 13. Juli 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 3, Nr. 22.
574 Eine Abbildung des Handbilletts findet sich bei: Wolfgang Pfaundler/Werner Köfler, Der Tiroler
Freiheitskampf 1809 unter Andreas Hofer. Zeitgenössische Bilder, Augenzeugenberichte und Do-
kumente, München–Bozen–Wien 1984, S. 127. – Der Text des Schreibens ist ediert bei: Fontana,
Südtiroler Unterland, 1998, S. 455.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435