Page - 191 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Image of the Page - 191 -
Text of the Page - 191 -
3.3. 1809 191
Ähnlich kurz fasst sich Pfurtscheller in seinem Bericht aus dem Jahr 1838. Hier
ergänzt er jedoch sehr unmittelbar anmutende Erfahrungen aus den Kampfhandlun-
gen dieser Tage. Die Verluste der Stubaier seien deshalb so gering ausgefallen, da die
Gegner „zu unsern Glück immer zu hoch geschossen“ hätten. Die Stubaier hatten
sich jedoch „näher gestellt, um selbe gewißer zu treffen“, so Pfurtscheller.596
Einen weiteren Hinweis auf die Mitwirkung der Stubaier an den Kämpfen am
Bergisel gibt möglicherweise – unter der Voraussetzung, dass diesem Folge geleistet
wurde – ein Aufforderungsschreiben Andreas Hofers an das Stubaital vom 13. August
1809, das in Joseph Rapps gesammelten Unterlagen zu seinem 1809-Werk erhalten
ist:
„[…] alle Landesvertheidiger, welche sich im Stuwach [Stubai] und dennen umliegenden
Orten befinden, eilends nach dem Bergißl zu befördern, um dort dennen schon im Feur
stehenden Brüdern Hilfe zu leisten.“597
Widersprüche zu den bereits mehrfach erwähnten, 1835 zusammengestellten Gefallenenlisten des
Landgerichtes Mieders, und somit auch zu Hans Kramers Zusammenstellung in „Die Gefallenen
Tirols“. Die Gefallenenliste des Landgerichtes Mieders verzeichnet keine Toten im August 1809.
(Vgl. LG Mieders an KA Schwaz, 5. Januar 1835, TLA, Abt. LV., 1835/36, Fasz. 257, Buchhal-
tungsberichte über Defensionsforderungen von 1809, Verlustlisten der Landgerichte des Kreises
Unterinntal, LG Mieders; sowie: H. Kramer, Die Gefallenen Tirols, 1940, S. 77 f.) Im erwähnten
Bericht aus dem Jahr 1819 spricht Pfurtscheller erst von zwei Gefallenen, als er dann im selben
Bericht jedoch genauere Angaben zu den Verlusten der Stubaier im Jahr 1809 macht, führt er mit
Martin Wolf nur noch einen einzigen Gefallenen am 13. August 1809 an. (Vgl. Entwurf Bericht
Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 2, Nr. 79.) In seinem 1838 zusammengestellten Bericht spricht Pfurtscheller wiederum
von zwei Toten – Martin Wolf aus Unterschönberg und „Maths“ Reinisch aus Kreith – sowie von 9
Verwundeten. (Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA,
Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 12 [vgl. Anm. 6].)
596 Vgl. Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten
1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 12 [vgl. Anm. 6].
597 Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1650, Periode III, Nr. 217. – In edierter Form
ist das Schreiben in Andreas Oberhofers „Weltbild eines Helden“ zu finden. (Oberhofer, Weltbild,
2008, S. 273.) Ob sich Hofer mit dieser Aufforderung wirklich an die Stubaier Bevölkerung wandte,
oder aber an im Tal postierte Landesverteidiger von außerhalb, lässt sich nicht mehr eruieren. Je-
denfalls kam dieses Schreiben in den Besitz Michael Pfurtschellers. Das lässt sich aus dem Vermerk
„1809 im August Aufgeboth von Oberkomandanten Andre Hofer etc. etc. aus Passeyr“ auf der
Rückseite des Schreibens schließen, der aufgrund eines Handschriftenvergleichs dem Michael Pfurt-
scheller zuzuschreiben ist. (Vgl. Unterlagen zu J. Rapp Tyrol 1809, TLMF-Bib., FB 1650, Periode
III, Nr. 217.) Joseph Rapp interpretiert den Aufruf als an „die noch übrigen Landesvertheidiger
von Stubai und den umliegenden Orten“ gerichtet. Wie auch von Pfurtscheller selbst angegeben,
nimmt Rapp also an, dass sich bereits Stubaier Aufgebote auf dem Kampfplatz befanden. (Vgl.
Rapp, Tirol 1809, 1852, S. 550.) Ganz anders interpretiert Viktor Schemfil die Lage. Er sieht die
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435