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3.3. 1809 203
Alle waffenfähige Manschaft von allen Dörfern in Stubaj haben Morgen frühe auf den Berg
Isel zu marschieren und die dortigen Schanzen zu besetzen, und bis weittere Ordre fest zu
halten“643
Später entstandenen Quellen zufolge rückte auf diesen Befehl hin tatsächlich das bis
dahin größte Stubaier Landsturmaufgebot des Jahres 1809 aus. Pfurtschellers Bericht
aus dem Jahr 1819 spricht von 577, die 1830 angefertigten Standeslisten von 576
Mann, 229 aus der Gemeinde Neustift, 136 aus Fulpmes, 115 aus Mieders und
Schönberg sowie 96 aus Telfes und Kreith.644 Gemeinsam mit den beiden Schützen-
kompanien Lutz’ und Schönherrs betrug die Gesamtstärke des Stubaier Aufgebotes,
je nach Zählweise, also wohl 812 beziehungsweise 813 Mann. Von dieser Zahl geht
auch Viktor Schemfil aus.645 In einer undatierten Quelle aus Michael Pfurtschellers
Nachlass, wohl am treffendsten als „Verzeichnis der Stubaier Mannschaft bei den
Auszügen 1809“ zu bezeichnen, wird jedoch hinsichtlich der Ausrückung Ende Ok-
tober bemerkt, dass nur 577 „Active“ am Bergisel stehen geblieben wären, während
der Rest „zur Nothwendigen Arbeit nach Hause entlassen“ worden sei.646 Wie schon
bei den vorangegangenen Ausrückungen der Stubaier Landesverteidiger im Jahr 1809
kann also auch hier die Frage nach der Truppenstärke des Stubaier Aufgebotes nicht
definitiv beantwortet werden.
Auch zu den folgenden Tagen bis zum sogenannten vierten Bergiseltreffen am 1.
November finden sich nur wenig aussagekräftige zeitgenössische Quellen. So geht
etwa aus drei im Nachlass Pfurtschellers erhaltenen Schreiben des Schupfenwirtes
Johann Etschmann hervor, dass dieser für die Koordination der Verproviantierung
der am Bergisel lagernden Tiroler Aufgebote zuständig war. Im Bezug auf die Rolle
643 Abschrift Purtscher an Gemeinden des Stubaitales, o. D., TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III,
Bund 2, Nr. 68. – Es dürfte sich hierbei um eine zeitgenössische Abschrift handeln. Pfurtscheller
bemerkt am Fuße des Blattes: „Empfangen und Abgeschrieben um 5 Uhr frühe den 22 dto.“
644 Vgl. Entwurf Bericht Pfurtschellers betreffend 1809 an das LG Matrei, 18. März 1819, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 79; sowie: Standeslisten Gericht Mieders von 22. Oktober bis
1. November 1809, 16./18./20. Mai 1830, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Landsturm-
kompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 8-11. – Viktor Schemfil verwendet
in seiner schematischen Darstellung der „Kräftegruppierung der Tiroler für die vierte und letzte
Bergisel-Schlacht am 1. November“ die Angaben aus den Standeslisten von 1830. (Vgl. Schemfil,
Freiheitskrieg, 2007, Skizze XXVI.)
645 Vgl. „Summarischer Ausweis“, 30. Juni 1830, TLA, Standeslisten der Landesschützen und Land-
sturmkompanien 1809, Bündel VII, Abt. 27, Gericht Mieders, Nr. 20; sowie: Schemfil, Freiheits-
krieg, 2007, Skizze XXVI.
646 Vgl. Verzeichnis der Stubaier Mannschaft bei den Auszügen 1809, o. D., TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, III, Bund 2, Nr. 73.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435