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210 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
30ten belieben Sie zu aendern!! die Comunikazion für die Bayern zwischen Wien, Salzburg
und Innsbruck war offen, also vom 14. bis 25 Oktober konnte der Abgeschlossene Friede
wohl angelangt sein? Ich empfing ihn von bemeldtem Greiß am 26ten deto ungefehr um
9 Uhr V. Mittag;“667
Auch die im obigen Bericht zitierten Drohungen der Kommandanten Thalguter und
Aschbacher fehlen hier. Allerdings bringt Pfurtscheller deren ablehnende Haltung
gegenüber der Friedensnachricht auch in diesem Schreiben zum Ausdruck: Ein bay-
erischer Parlamentär sei mit 300 gedruckten Exemplaren des Friedensschlusses ins
Hauptquartier – „ein kleiner Brodbakofen am Iselberg“ – gekommen. Thalguter sei
daraufhin auf ein Pferd gestiegen, „nahm den Pak mit bemeldte Friedensschlüsse mit
sich zu Hofer nach Schönberg, vor der Abfahrt zeugte er auf gedachten Pak mit den
lauthen Worthen ‚da sind 300 Lügenhafte Spitzbuben darin‘ ich habe dieses selbst
gehört, sodann wurde vorwerts geritten“.668
Wie in seinen Berichten an Joseph Rapp, so stellt sich Pfurtscheller auch hier als
vehementer Gegner der Fortsetzung des Kampfes gegen die bayerischen Truppen dar.
Das „gemeine Volk“ sei getäuscht worden, so schreibt er, und kritisiert hier nun zu-
mindest indirekt auch das Verhalten des Oberkommandanten Hofer:
„Am 28ten Oktober gegen Abend kam Andreas Hofer in unsere Verschanzung, und fuhr
wieder in sein Hauptquartier nach Schönberg zurük, ich blieb wehrend den Herum gehen
des Hofers ruhig in meiner Lagerhüthe am Feuer sitzen, und bewunderte die Art und Weise
– wie daß gem. Volk getäuscht wurde.“669
Ein weiterer Unterschied zu den Berichten in Rapps Materialiensammlung zeigt sich
auch hinsichtlich des „Besuches“ von Pfurtschellers Schwager Joseph Lener670. Dieser
sei bereits am 29. Oktober in die Stellungen am Bergisel gekommen, habe jedoch nicht
nur, wie im obigen Bericht bemerkt, die Nachricht vom kaiserlichen Kurier von Lich-
tenthurn überbracht. Vielmehr sei Lener, so erklärt Pfurtscheller hier, im Auftrag der
Stubaier Gemeindevorstehungen mit der Aufforderung gekommen, „die Streitmann-
schaft heimlich haimkehren zu machen“ – vergeblich, wie Pfurtscheller berichtet:
667 Pfurtscheller an „Hr. Professor“, 25. August 1833, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 2, Nr.
77. – Der unbekannte Herr Professor hatte Michael Pfurtscheller also den Entwurf einer Darstellung
der den Auszug der Stubaier betreffenden Ereignisse Ende Oktober 1809 zur inhaltlichen Überprü-
fung durch den Zeitzeugen zugeschickt.
668 Ebd.
669 Ebd.
670 Vgl. ebd.; sowie: Anm. 655.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435